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Legal fees and no-reply email addresses

Gerichtskosten und No-Reply-E-Mail-Adressen

Viele Fragen unserer Airline-Kunden betreffen die von Fluggästen geforderten Anwaltsgebühren und unter welchen Umständen diese Gebühren zu zahlen sind. Vor allem wenn Mahnungen an No-Reply-E-Mail-Adressen verschickt und in weiterer Folge Klagen eingereicht werden, gibt es oft Unsicherheiten. Ziel des heutigen Artikels ist es, das österreichische System der Erstattung von Anwaltskosten kurz darzustellen und die Frage zu beantworten, ob Anwaltskosten bezahlt werden müssen, wenn ein Mahnschreiben lediglich an eine No-Reply-E-Mail-Adresse gesendet wurde.

Fluglinien sind oft mit anwaltlichen Mahnschreiben konfrontiert, in denen nicht nur die Rückerstattung des Flugscheins oder eine Entschädigungszahlung gefordert wird, sondern auch die Anwaltskosten für die Arbeit des Anwalts. Solche Anwaltskosten müssen nur dann gezahlt werden, wenn die Einschaltung eines Anwalts für den Fluggast notwendig war. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn sich der Fluggast bereits selbst an die Fluggesellschaft gewandt hat, diese sich aber weigert, den geforderten Betrag zu zahlen oder auf die Anfrage des Fluggastes nicht reagiert. Darüber hinaus kann nach der Rechtsprechung die Einschaltung eines Rechtsanwalts erforderlich sein, wenn die Fluggesellschaft den Fluggast nicht über seine Rechte aus der Verordnung (EG) 261/2004 informiert (Verstoß gegen Artikel 14 dieser Verordnung).

In österreichischen Gerichtsverfahren hat die obsiegende Partei Anspruch auf Erstattung ihrer Anwaltskosten durch den Gegner (im Falle eines Teilerfolgs: anteilig). Diese Anwaltskosten werden nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz berechnet, unabhängig von einer allfälligen gesonderten Vereinbarung zwischen Anwalt und Mandant über die Vergütung.

Allerdings werden auch diese Anwaltskosten nur dann erstattet, wenn die entsprechenden Handlungen (z.B. die Einreichung einer Klage) notwendig waren. Wenn der Fluggast (oder sein Anwalt) die Fluggesellschaft nicht vor der Klageerhebung kontaktiert hat, kann die Fluggesellschaft die Zahlung der Anwaltskosten verweigern und sogar die Erstattung ihrer eigenen Anwaltskosten verlangen, wenn sie den Anspruch des Fluggastes zum erst möglichen Zeitpunkt anerkennt und bezahlt.

Das Handelsgericht Wien hatte sich mit einem Fall zu befassen, in dem der Fluggast nicht zuerst die Fluggesellschaft kontaktierte und sein Anwalt ein Kündigungsschreiben nur an eine von der Fluggesellschaft verwendete No-Reply-E-Mail-Adresse schickte. Der Anwalt ignorierte die standardisierte Antwort-E-Mail, in der er aufgefordert wurde, eine andere E-Mail-Adresse für seine Anfrage zu verwenden, und reichte Klage ein. In der Folge anerkannte und bezahlte die Fluggesellschaft die Forderung unverzüglich, weigerte sich aber, die Anwaltskosten des Fluggastes zu bezahlen und verlangte die Erstattung ihrer eigenen Anwaltskosten. Das Handelsgericht Wien entschied zu Gunsten der Fluggesellschaft (Aktenzeichen: 60 R 42/21p).

Für Fragen zu Passenger Claims und über das System der Anwaltskosten, die Passagiere im Zusammenhang mit Passagieransprüchen in Österreich im Allgemeinen verlangen können, steht Ihnen unser erfahrenes Aviation Team gerne zur Verfügung.

The breakdown of an airport´s refueling system constitutes extraordinary circumstances

Betankungssystemausfall am Flughafen als außergewöhnlicher Umstand

Am 7. Juli 2022 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass der Ausfall des Betankungssystems eines Flughafens einen außergewöhnlichen Umstand im Sinne von Artikel 5 Absatz 3 der Verordnung (EG) 261/2004 darstellt (Rechtssache C-308/21).

In seiner Urteilsbegründung wies der EuGH erneut auf die Kriterien hin, die er für außergewöhnliche Umstände für maßgeblich hält: Die eingetretenen Ereignisse dürfen nicht mit der normalen Ausübung der Tätigkeit des betreffenden Luftfahrtunternehmens zusammenhängen und müssen sich der tatsächlichen Kontrolle des Luftfahrtunternehmens entziehen.

Zum ersten Kriterium stellte der EuGH fest, dass Betankungsvorgänge grundsätzlich in den Bereich der normalen Ausübung der Tätigkeit eines Luftfahrtunternehmens fallen und dass daher ein technisches Problem, das während der Betankung auftritt, nicht geeignet wäre, einen außergewöhnlichen Umstand darzustellen. Ein allgemeines Versagen des vom Flughafen betriebenen Betankungssystems ist jedoch anders zu behandeln als ein technisches Problem, das sich naturgemäß auf ein einzelnes Flugzeug beschränkt. Daher kam der EuGH zu dem Schluss, dass derartige allgemeine Störungen des Betankungssystems nicht mit der normalen Ausübung der Tätigkeit des betreffenden Luftfahrtunternehmens einhergehen.

In Bezug auf das zweite Kriterium betonte der EuGH erneut die Bedeutung der Unterscheidung zwischen „internen“ und „externen“ Ereignissen, wobei nur „externe“ Ereignisse als außerhalb der tatsächlichen Kontrolle des Luftfahrtunternehmens liegend angesehen werden. Wenn also das Betankungssystem auf einem Flughafen von diesem Flughafen oder einem Dritten betrieben wird, wird ein allgemeiner Ausfall dieses Systems als außerhalb des Einflussbereichs des Luftfahrtunternehmens liegend angesehen.

Da beide Kriterien für außergewöhnliche Umstände erfüllt sind, hat der EuGH entschieden, dass der allgemeine Ausfall des Betankungssystems eines Flughafens einen außergewöhnlichen Umstand darstellt. Daher ist das betreffende Luftfahrtunternehmen nicht verpflichtet, den Fluggästen eine Entschädigung zu zahlen, sofern alle angemessenen Maßnahmen ergriffen wurden.

Für Fragen zu Passenger Claims in Österreich steht Ihnen unser erfahrenes Aviation Team gerne zur Verfügung.

Strikes because of an authority´s decision constitute extraordinary circumstances

Streiks aufgrund der Entscheidung einer Behörde stellen außergewöhnliche Umstände dar

Am 30. Juni 2022 hat das Bezirksgericht Schwechat in drei von uns betreuten Fällen entschieden, dass Streiks einen außergewöhnlichen Umstand darstellen, wenn der Grund für die Streiks eine behördliche Entscheidung ist. Das Gericht argumentiert, dass solche Streiks, die auf Forderungen beruhen, die nur von Behörden (und nicht von der Fluglinie selbst) erfüllt werden können, außerhalb des Einflussbereichs der Fluglinie liegen. In den vorliegenden Fällen streikten nicht die Mitarbeiter der Fluggesellschaft, sondern das Bodenpersonal und störten damit den normalen Betrieb.

Diese Urteile stehen im Einklang mit dem Urteil des EuGH in der Rechtssache C-28/20, in dem der EuGH feststellte: “ Liegen einem solchen Streik jedoch Forderungen zugrunde, die nur von staatlichen Stellen erfüllt werden können und die daher für das betroffene Luftfahrtunternehmen nicht tatsächlich beherrschbar sind, so kann es sich dabei um einen „außergewöhnlichen Umstand“ […]“.

Daher sind die Luftfahrtunternehmen nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen zu leisten (Art. 7 der Verordnung (EG)261/2004), wenn Flüge aufgrund solcher Streiks annulliert werden oder sich erheblich verspäten, sofern alle angemessenen Maßnahmen in diesem Zusammenhang getroffen werden.

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Stopovers and the Regulation 261/2004

Zwischenstopps und die Verordnung (EG) 261/2004

Im Februar 2022 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) zwei Entscheidungen zur Relevanz von Zwischenlandungen im Zusammenhang mit der Zuständigkeit (C-20/21) und zum Anwendungsbereich der Verordnung (EG) 261/2004 (C-451/20) getroffen.

In der Rechtssache C-20/21 buchte ein Fluggast einen Flug von Warschau nach Male mit einer Zwischenlandung in Frankfurt (Einzelbuchung). Der erste Flugabschnitt (von Warschau nach Frankfurt) war verspätet, so dass der Fluggast den zweiten Flugabschnitt (von Frankfurt nach Male) verpasste. Daraufhin verklagte der Fluggast die Fluggesellschaft in Frankfurt.

Der EuGH entschied, dass das Gericht in Frankfurt unzuständig ist, da Frankfurt aufgrund der bloßen Zwischenlandung nicht als „Erfüllungsort“ anzusehen ist, der zur Begründung der Zuständigkeit erforderlich wäre.

In der Rechtssache C-451/20 buchte ein Fluggast einen Flug von Chişinău (Moldawien) nach Bangkok mit Zwischenstopp in Wien (Einzelbuchung). Der erste Flugabschnitt (von Chişinău nach Wien) wurde weniger als sieben Tage vor dem geplanten Abflug storniert und der Fluggast wurde auf einen Flug von Chişinău nach Bangkok mit Zwischenstopp in Istanbul umgebucht. Der Fluggast verklagte daraufhin die Fluggesellschaft in Schwechat (zuständiges Gericht für den Flughafen Wien).

Der EuGH entschied, dass die Verordnung (EG) 261/2004 in diesem Fall nicht anwendbar ist, da sich sowohl der Abflug- als auch der Ankunftsort außerhalb der Europäischen Union befinden. Die Tatsache, dass die geplante Zwischenlandung in Wien innerhalb der Europäischen Union liegt, führt nicht dazu, dass dieser Fall in den Anwendungsbereich der Verordnung fällt.

Nebenbei bemerkt: In der Rechtssache C-559/16 hat der EuGH bereits klargestellt, dass sich die in Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EG) 261/2004 genannte Entfernung auf die zwischen dem ersten Abflugort und dem endgültigen Bestimmungsort berechnete Entfernung bezieht. Zwischenlandungen sind daher auch in dieser Hinsicht nach Ansicht des EuGH nicht von Bedeutung.

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New place of jurisdiction for passenger claims in Austria

Neuer Gerichtsstand für Passagieransprüche in Österreich

Seit dem 1. Mai 2022 sieht das österreichische Recht einen neuen Gerichtsstand für Passagieransprüche in Österreich vor, welcher auf Verordnung 261/2004 basiert.

Gemäß dem neuen § 101a der österreichischen Jurisdiktionsnorm kann ein Passagier ein Verfahren auch vor dem Gericht einleiten, in dessen Zuständigkeitsbereich der jeweilige Ankunfts- oder Abflugort des Fluges liegt.

Der neue Gerichtsstand für Passagieransprüche ist anwendbar in Fällen, in denen die Brüssel I-Verordnung (neue Fassung) nicht zur Anwendung kommt (zB wenn das Luftfahrtunternehmen außerhalb der EU ansässig ist) und zielt darauf ab, eine gleichwertige Behandlung solcher Luftfahrtunternehmen und derjenigen, die in einem Mitgliedstaat der EU ansässig sind, zu gewährleisten. Bislang konnten Passagiere in vielen Fällen kein Verfahren gegen ein Luftfahrtunternehmen mit Sitz außerhalb der EU einleiten, es sei denn, der österreichische Oberste Gerichtshof entschied, dass die Einleitung eines Verfahrens am Sitz des Luftfahrtunternehmens eine unzumutbare Belastung für den jeweiligen Passagier darstellen würde.

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Changes of scheduled departure times as cancellations

Änderungen der geplanten Abflugzeiten als Annullierungen

Am 21. Dezember 2021 fällte der Europäische Gerichtshof (EuGH) zwei Entscheidungen zur Frage, ob und unter welchen Umständen Änderungen der geplanten Abflugzeiten als Annullierungen im Sinne des Artikel 5 der Verordnung 261/2004 gelten.

Im Fall C-395/20 wurde ein Flug von Düsseldorf nach Antalya, der ursprünglich für 13:20 Uhr geplant war, auf 16:10 Uhr verschoben. Da die Abflugzeit um weniger als drei Stunden verschoben wurde, entschied der EuGH, dass der Flug nicht als annulliert angesehen werden muss.

Im Fall C-263/20 wurde ein Flug von Palma de Mallorca nach Wien, der ursprünglich für 14:40 Uhr geplant war, auf 08:25 Uhr vorverlegt. Der EuGH entschied, dass der Flug als annulliert gelten muss (mit den Folgen, die in den Artikeln 7, 8 und 9 der Verordnung 261/2004 festgelegt sind), da die Abflugzeit um mehr als eine Stunde vorverlegt wurde.

Nebenbei merkte der EuGH an, dass es für eine Fluggesellschaft nicht ausreicht, lediglich den Vermittler, über den der Flug gebucht wurde, zwei Wochen im Voraus über die Änderungen der geplanten Abflugzeiten zu informieren, um Artikel 5 (1) (c) (i) der Verordnung 261/2004 zu entsprechen und eine Ausgleichsleistungspflicht zu vermeiden – selbst, wenn die Kontaktdaten des Passagiers der Fluggesellschaft nicht mitgeteilt wurden.

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Compensation payments must be deducted

Zahlungen von Ausgleichsleistungen müssen abgezogen werden

In einem seiner seltenen Urteile bezüglich der Verordnung 261/2004 entschied der österreichische Oberste Gerichtshof im Fall 4 Ob 177/21i, dass Zahlungen von Ausgleichsleistungen, die eine Fluggesellschaft an einen Passagier gemäß Artikel 7 der Verordnung geleistet hat, von weiteren Ansprüchen auf immaterielle und materielle Schäden, die der Passagier geltend macht, abgezogen werden müssen .

Während die Verordnung bestimmte Passagierrechte festlegt (Art. 7: Entschädigung, Art. 8: Ticketkostenrückerstattung oder Umbuchung, Art. 9: Betreuung), müssen andere Ansprüche, die ein Passagier geltend machen kann (z. B. Schadenersatz für eine Hotelbuchung oder einen Mietwagen, den er nicht nutzen konnte), auf nationalem Recht basieren.

Im vorliegenden Fall behauptete der Passagier, dass die Zahlungen von Ausgleichsleistungen lediglich dazu dienen, ihn für die Unannehmlichkeiten im Zusammenhang mit einer verweigerten Beförderung, einer Annullierung oder einer großen Verspätung zu entschädigen und daher nur von immateriellen Schäden abgezogen werden dürfen. Der österreichische Oberste Gerichtshof stellte jedoch klar, dass in solchen Fällen die Ausgleichsleistung auch von materiellen Schäden wie Ausgaben für eine Hotelbuchung oder einen Mietwagen abgezogen werden muss.

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Payments to the credit card accound are not sufficient

Zahlungen auf das Kreditkartenkonto sind nicht ausreichend

Das Landesgericht Korneuburg entschied in den Fällen 22 R 171/21h, 22 R 196/21k und 22 R 210/21v , dass Artikel 7 (3) der Verordnung 261/2004 zwar grundsätzlich keine Zahlungen auf das Kreditkartenkonto eines Passagiers verbietet, jedoch gemäß dem anwendbaren nationalen Recht geprüft werden muss, ob solche Zahlungen eine Fluggesellschaft von ihrer Zahlungsverpflichtung befreien.

Falls österreichisches Recht anwendbar ist, sind Zahlungen auf das Kreditkartenkonto, das ein Passagier zur Bezahlung seiner Tickets verwendet hat, nicht ausreichend, damit eine Fluggesellschaft ihren Verpflichtungen nachkommt (hauptsächlich im Zusammenhang mit einer Ticketkostenrückerstattung oder einer Entschädigungszahlung). Das Landesgericht argumentierte, dass nur Zahlungen auf ein Konto, das der Passagier der Fluggesellschaft für Erstattungszwecke mitgeteilt hat, als ausreichend angesehen werden, um die Fluggesellschaft von ihrer Zahlungsverpflichtung zu befreien.

Diese Urteile haben insbesondere Auswirkungen auf Fälle, in denen unklar ist, ob ein Passagier bereits eine Zahlung erhalten hat oder wann genau er/sie diese erhalten hat. Um diesen Urteilen zu entsprechen, wäre es ratsam, entweder Passagiere während des Antrags auf Erstattung dazu aufzufordern, das gewünschte Konto anzugeben oder den jeweiligen Passagier vor der Zahlungsdurchführung zu kontaktieren.

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No-Show Clauses in Austria

Gibt es eine Zukunft für No-Show-Klauseln in Österreich?

In den letzten Jahren haben die Verbraucherschutzbehörden in der gesamten Europäischen Union fortlaufende Bemühungen unternommen, um die Verwendung so genannter No-Show-Klauseln zu verhindern, die von Fluggesellschaften häufig in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen verwendet werden. In Österreich führte dies zu mehreren Gerichtsverfahren, in denen Urteile ergangen sind, die die Verwendung von No-Show-Klauseln wirksam einschränken. Dies wiederum veranlasste viele Fluggesellschaften, ihre Klauseln anzupassen, um der Rechtsprechung zu entsprechen. Dieser Artikel soll einen kurzen Überblick über die Thematik und die Zukunft von No-Show-Klauseln in Österreich vor dem Hintergrund der jüngsten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Rechtssache 4 Ob 63/21z geben.

Was ist eine No-Show Klausel?

Die Fluggesellschaften verwenden komplexe Preissysteme, um den einzelnen Fluggästen bestimmte Flugpreise zuzuweisen. Der Ticketpreis, der einem Fluggast in Rechnung gestellt wird, hängt unter anderem von der gewählten Reiseroute ab. Denn einerseits sind die Fluggäste bereit, für Direktflüge höhere Preise zu zahlen, andererseits sind die Preise in der Regel vom jeweiligen Abflugort abhängig. So wird der Ticketpreis für einen Flug, der z.B. von Warschau nach New York mit Zwischenstopp in Wien gebucht wird, vermutlich zu einem niedrigeren Preis angeboten als ein Direktflug von Wien nach New York. Ein weiteres Beispiel sind Rundflüge (z.B. mit den Flugstrecken Wien – New York – Wien), die oft günstiger angeboten werden als One-Way-Tickets.

Die Fluggesellschaften haben jedoch festgestellt, dass einige Fluggäste das Preissystem zu ihren Vorteilen nutzen, indem sie z. B. einen Flug von Warschau nach New York mit Zwischenlandung in Wien statt eines (teureren) Direktflugs von Wien nach New York buchen, obwohl sie in Wien wohnen und nur von Wien nach New York befördert werden wollen. Andere Passagiere buchen einen Hin- und Rückflug und „verpassen“ absichtlich den zweiten Flugabschnitt. Einige Reisebüros haben sich sogar darauf spezialisiert, ihren Kunden durch Umgehung des Preissystems möglichst günstige Flugpreise zu verschaffen.

Als Reaktion darauf haben die Fluggesellschaften so genannte No-Show-Klauseln in ihre allgemeinen Beförderungsbedingungen aufgenommen, die vorsehen, dass Fluggästen die Beförderung verweigert wird oder sie einen angepassten Tarif zahlen müssen, wenn sie nicht alle Teilstrecken nutzen (d. h. in unserem Beispiel: wenn der Fluggast den Flug von Warschau nach Wien nicht antritt oder seine zweite Teilstrecke von New York nach Wien verpasst).

Wie werden No-Show-Klauseln von Verbraucherschutzorganisationen angefochten?

Da No-Show-Klauseln in der Regel in den allgemeinen Beförderungsbedingungen einer Fluggesellschaft enthalten sind, haben verschiedene Organisationen das Recht, sie gemäß den österreichischen Verbraucherschutzbestimmungen anzufechten. Insbesondere der Verein für Konsumenteninformation (VKI) und die Bundesarbeitskammer sind in dieser Hinsicht sehr aktiv.

Diese beiden Organisationen überprüfen regelmäßig die Allgemeinen Geschäftsbedingungen einiger Unternehmen, darunter auch die Allgemeinen Beförderungsbedingungen von Fluggesellschaften, die Flüge von oder nach Österreich durchführen, auf Klauseln, die sie für rechtswidrig erachten, insbesondere mit dem Argument, dass solche Klauseln für die Verbraucher überraschend und nachteilig oder grob nachteilig sind. Wird eine Klausel als rechtswidrig eingestuft, erhält die Fluggesellschaft in der Regel ein Schreiben der Verbraucherschutzorganisation oder ihres Anwalts, in dem die betreffende Fluggesellschaft aufgefordert wird, die Verwendung der „rechtswidrigen“ Klausel unverzüglich zu unterlassen, verbunden mit einer durch eine Vertragsstrafe abgesicherten Unterlassungserklärung.

Ein Aspekt, der von unseren Mandanten häufig kritisiert wird, ist der, dass die Verbraucherschutzbehörden in der Regel weder bereit sind, über die Rechtmäßigkeit der jeweiligen Klausel zu diskutieren, noch gemeinsam eine Lösung zu finden, die sowohl die Positionen der Verbraucher als auch die der Fluggesellschaften berücksichtigt. Vielmehr werden die Fluggesellschaften lediglich vor die Wahl gestellt, entweder die Unterlassungserklärung innerhalb von (in der Regel) 14 Tagen zu unterzeichnen oder sich mit einem Gerichtsverfahren zu konfrontieren.

Wie werden No-Show-Klauseln von österreichischen Gerichten beurteilt?

Österreichische Gerichte halten No-Show-Klauseln vor allem dann für nichtig, wenn sie entweder überraschend und für den Verbraucher nachteilig sind oder grob nachteilig sind. Während der „überraschende“ Charakter einer No-Show-Klausel durch bestimmte Maßnahmen im Buchungsprozess vermieden werden kann, um sicherzustellen, dass die Fluggäste ordnungsgemäß informiert werden, ist es für Fluggesellschaften eher schwierig, No-Show-Klauseln zu formulieren, die nicht als grob nachteilig angesehen werden und dennoch wirksam sind.

Der Oberste Gerichtshof beschäftigte sich erstmals 2012 mit No-Show-Klauseln (4 Ob 164/12i, ein Fall, an dem unsere Partnerin Martina Flitsch direkt beteiligt war). Der OGH erkannte zwar ausdrücklich das berechtigte Interesse der Fluggesellschaft an der Durchsetzung und dem Schutz ihres Preissystems an, sah aber die von der Fluggesellschaft verwendete No-Show-Klausel als zu weitgehend und damit als gröblich benachteiligend an. Diese Auffassung wurde in mehreren anderen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs übernommen und weiterentwickelt, zuletzt in 4 Ob 63/21z aus dem Jahr 2021.

Als Reaktion darauf haben mehrere Fluggesellschaften, die Flüge von und nach Österreich anbieten, ihre Beförderungsbedingungen angepasst, um den von der österreichischen Rechtsprechung aufgestellten Kriterien zu entsprechen. Die Konsequenz der Nichtnutzung aller Teilstrecken ist daher heute in der Regel eine Neuberechnung des Flugpreises oder ein zu zahlender Pauschalbetrag. Darüber hinaus wird in vielen No-Show-Klauseln inzwischen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie in Fällen höherer Gewalt, bei Krankheit oder generell dann nicht gelten, wenn der Fluggast die Gründe für die Nichtnutzung aller Teilstrecken nicht zu vertreten hat.

Wie sieht die Zukunft von No-Show-Klauseln in Österreich aus?

Die jüngste Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (4 Ob 63/21z) befasste sich mit einer No-Show-Klausel, die offensichtlich so gestaltet war, dass sie der österreichischen Gerichtspraxis entsprach. Trotz sorgfältiger Formulierung wurde die Klausel dennoch letztlich als gröblich benachteiligend für den Verbraucher und damit als unwirksam angesehen. Der Oberste Gerichtshof betonte die Notwendigkeit, zwischen Fluggästen, die das Preissystem bewusst umgehen, und solchen, die aus anderen Gründen nicht alle Flugstrecken nutzen, zu unterscheiden.

In der Praxis ist absehbar, dass es für Fluggesellschaften eine besondere Herausforderung sein wird, im Einzelfall erfolgreich festzustellen, ob ein Fluggast das Preissystem umgeht, insbesondere wenn diese Entscheidung sehr schnell getroffen werden muss, bevor die Beförderung verweigert wird. Insbesondere im Hinblick auf die Verordnung (EU) 261/2004 und die auf die Vertretung von Fluggästen in Fällen von Nichtbeförderung spezialisierten Organisationen ist das Risiko von Klagen und Gerichtsverfahren, in denen die Fluggesellschaften nachweisen müssen, dass die Nichtbeförderung gerechtfertigt war, recht hoch.

Trotz der vielen Herausforderungen, mit denen Fluggesellschaften in Österreich konfrontiert sind, wenn es sich um  No-Show-Klauseln handelt, ist es unseres Erachtens nach eher unwahrscheinlich, dass Fluggesellschaften auf deren Verwendung verzichten werden. Wie bereits erläutert, sind No-Show-Klauseln ein wesentlicher Bestandteil, um das Funktionieren des Preissystems einer Fluggesellschaft sicherzustellen, welches ein wesentlicher Bestandteil des Geschäftsmodells einer Fluggesellschaft ist.

Die Fluggesellschaften müssen daher wachsam bleiben und aktuelle Entwicklungen wie neue Gerichtsentscheidungen im Blick behalten, um zu vermeiden, dass sie mit Verbraucherschutzbehörden konfrontiert werden oder sich in Gerichtsverfahren wiederfinden, die zwar einen erheblichen Arbeitsaufwand und hohe Anwaltskosten verursachen, aber nur geringe Erfolgsaussichten haben. In solchen Fällen ist es ratsam, einen zuverlässigen Rechtsberater hinzuzuziehen, der Erfahrung im Umgang mit Verbraucherschutzbehörden und der Bearbeitung von Fluggastansprüchen hat.

Für Fragen zu Passenger Claims in Österreich steht Ihnen unser erfahrenes Aviation Team gerne zur Verfügung.

Passenger claims Austria

What we do: Passenger Claims

For several years now, we have been assisting our clients in handling claims related to Regulation (EC) 261/2004, better known as “Passenger Claims”. With our many long-established connections to the aviation sector, we specialize in providing first-class support to our airline partners.

Which cases are we mostly handling?

Normally, passenger claims are mainly for compensation under Article 7 of Regulation 261/2004. However, in the wake of the Covid-19 pandemic and the resulting massive increase of flight cancellations, the number of ticket refunds cases increased substantially. This being said, we represent airlines in connection with other claims, too, such as passenger claims for damages under the Montreal regime and claims arising from the provisions of Austrian law.

What is challenging about passenger claims?

Although the claimed amounts are usually rather low, the complexity of the cases and the effort required of airlines defending them is often quite substantial. While it is often difficult to explain the very specific procedures and terms (e.g. Oplogs) to the courts, it is necessary to do so, in order to convince judges that the airline took all reasonable measures to avoid cancellation or delay. Recently, we’re observing a trend among Austrian judges – undoubtedly encouraged by the rather strict preliminary rulings of the ECJ – to demand increasingly detailed explanations of the extraordinary circumstances and, above all, of the reasonable measures taken by the airline in each case.

As legal representatives of airlines, our task is to identify missing information and to try to obtain it not only from our clients, but also through our own active research of the METAR and flight data, for example. In addition to that, we of course continuously monitor the newest developments of the case law in the area of Passenger Claims and constantly improve our argumentation.

How do we cooperate with our clients?

Bearing in mind the special challenges posed by Passenger Claims, we usually offer a customized fee agreement for each client. Such agreements may cover all Passenger Claims (for a monthly lump sum) or be limited to handling individual cases (for a lump sum per case). Lastly, some clients choose to request our advice on individual issues on the basis of an hourly rate.

Especially at the beginning of the cooperation with a new client, we make sure to determine which claim handling procedure would be most suitable and efficient for the client and we are also happy to organize workshops for our clients’ claim handling team. This is because a well-trained team and optimized processes are the basis of successful and efficient claim handling.

Based on our cooperation in the area of Passenger Claims, our clients also regularly seek our assistance in other areas as well, including baggage and cargo claims, aircraft damage, matters of labor law as well as residence and work permits. We offer customized fee agreements also with regard to these issues.

What are the chances of succeeding from the airlines‘ point of view?

As an airline, you are always fighting an „uphill battle“ when it comes to Passenger Claims. For this reason, we recommend fighting only in those cases where it is really worth your while – not least in order to create as many positive precedents as possible and to avoid creating negative precedents in Austria.

If – based on the available evidence – a case must be classified as “weak”, reacting too slowly or incorrectly will only cause unnecessary costs, which often exceed the claimed compensation itself. With an experienced and agile legal team at your side, such costs can easily be avoided.

How do we efficiently handle “mass claims”?

Our experience shows that a combination of speed, flexibility and know-how is essential, especially when it comes to Passenger Claims. It is often necessary to decide very quickly how to proceed in a large number of cases. Quickly handling these cases is especially crucial in order to avoid unnecessary legal proceedings and the costs associated with them.

In order to be able to handle the cases in a high-quality and yet efficient manner, you need a specialized and well-coordinated team. At Weisenheimer, we rely on a young and very committed team with established and well-proven procedures, who make sure to keep constant and close contact with our clients‘ claim handling teams. Lawyers and paralegals work closely together and use automated processes in order to handle cases as efficiently as possible, not unlike many claim agencies such as Flightright and Fairplane. Of course, with the difference that the representation of airlines is associated with significantly more effort compared to the representation of passengers.

Our Passenger Claims team is supervised and supported by Weisenheimer partner Martina Flitsch, who has been following the development of Passenger Claims for more than 25 years, first as in-house counsel and later as head of the legal department of an airline and subsequently as an attorney. Based on her long experience, Martina is very familiar with the airlines´ needs and thus can ensure that the cooperation between our team and the airline meets the highest standards.

 

The Aviation Team of Weisenheimer Legal

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