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KFZ Wirtschaft

Recht praktisch: EuGH spricht ein Machtwort

Urlaubsersatzleistung

Heute widmen wir uns einem Thema, das einige Arbeitsverhältnisse betreffen könnte: die Urlaubsersatzleistung im Falle eines ungerechtfertigten Austritts. Grund hierfür ist eine Entscheidung des EuGH, die nach Anrufung durch den österreichischen OGH ergangen ist und dazu führen könnte, dass sich nun einige Arbeitgeber mit Ansprüchen ehemaliger Arbeitnehmer*innen konfrontiert sehen. Dem EuGH zufolge steht unselbstständig Beschäftigten nämlich auch im Falle eines ungerechtfertigten Austritts eine Urlaubsersatzleistung zu und der österreichische §10 Abs2 Urlaubsgesetz, der explizit etwas anderes festlegt, ist unionsrechtswidrig und darf daher nicht angewendet werden.

Zunächst zu den Basics:

Arbeitsverhältnisse können grundsätzlich ohne Grund mit Einhaltung von Fristen gekündigt werden. Wenn sich ein Vertragspartner allerdings so verhält, dass es für den anderen nicht mehr zumutbar ist, das Arbeitsverhältnis aufrechtzuerhalten, kann auch eine Beendigung mit sofortiger Wirkung stattfinden. Das nennt sich dann Entlassung bzw. Austritt, je nachdem, wer den Schlussstrich zieht. Ob das gerechtfertigt ist, hat ein Gericht zu entscheiden.

Je nach Art der Beendigung stehen den Vertragspartnern unterschiedliche Ansprüche zu. Die Urlaubsersatzleistung ist hierbei die finanzielle Entschädigung, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für nicht verbrauchte Urlaubstage zu bezahlen hat. Nach §10 Abs2 Urlaubsgesetz steht einem Arbeitnehmer allerdings dann keine Urlaubsersatzleistung zu, wenn er das Arbeitsverhältnis ohne wichtigen Grund (also ungerechtfertigt) durch Austritt beendet hat.

Da der jährliche Urlaubsanspruch allerdings auch unionsrechtlich geregelt ist (Arbeitnehmer in der EU haben Anspruch auf zumindest vier Wochen bezahlten Urlaub) und dort ein solcher Wegfall der Urlaubsersatzleistung nicht vorgesehen ist, hat der EuGH entschieden, dass §10 Abs2 Urlaubsgesetz dem Unionsrecht widerspricht. Die Konsequenz ist, dass diese Vorschrift nicht mehr angewendet werden darf und daher Arbeitnehmer eine Urlaubsersatzleistung (Basis vier Wochen pro Jahr) auch dann verlangen können, wenn sie ihr Arbeitsverhältnis durch ungerechtfertigten Austritt beendet haben.

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JusProfi Podcast

JusProfi Podcast mit Dominik Leiter

In Folge 33 des beliebten JusProfi Podcasts wurde unser Partner Dominik Leiter interviewt.

Für alle Interessierten ist die Folge unter dem folgenden Link abrufbar: https://www.jusprofi.at/podcast/folge-33-unangepasst-kreativ-menschlich-mag-dominik-leiter-ll-m/

KFZ Wirtschaft

Recht praktisch: Der Krieg und seine Folgen

Beschäftigung ukrainischer Flüchtlinge

Der Krieg in der Ukraine führt uns vor Augen, dass ein Leben in Frieden leider nicht selbstverständlich ist. Die Folgen bekommt so gut wie jeder von uns, in unterschiedlicher Intensität, zu spüren. So sind heimische Unternehmen von verhängten Sanktionen, Problemen in ihren Lieferketten und arbeitsrechtlichen Schwierigkeiten betroffen.

Auch im Zusammenhang mit der Beschäftigung ukrainischer Flüchtlinge ist einiges zu beachten. Wie manche vielleicht wissen, gibt es die sogenannte EU-Massenzustrom-Richtlinie, die Anfang März aktiviert wurde und ukrainischen Flüchtlingen rasch einen Aufenthaltstitel und Zugang zum Arbeitsmarkt gewähren sollen. Diese Richtlinie wurde in Österreich vor allem durch die Vertriebenen-Verordnung umgesetzt.

Sie gewährt Personen, die ab 24. Februar 2022 kriegsbedingt aus der Ukraine flüchten mussten, und deren Angehörigen ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht, und zwar zumindest bis 3. März 2023. Dieses Aufenthaltsrecht kommt auch jenen ukrainischen Staatsangehörigen zu, die sich am 24. Februar bereits rechtmäßig in Österreich aufhielten und nun aufgrund des Krieges nicht zurückkehren können. Nach Registrierung bei der Fremdenpolizei wird ein Ausweis für Vertriebene ausgestellt (auch als „blaue Aufenthaltskarte“ bekannt).

Doch mit dem Aufenthaltsrecht geht nicht automatisch die Erlaubnis einher, in Österreich einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Hierfür ist die Ausstellung einer gesonderten Beschäftigungsbewilligung durch das AMS erforderlich. Diese kann vom Flüchtling selbst oder von dessen künftigem Arbeitgeber beantragt werden. Eine Beschäftigung ohne diese Bewilligung ist nicht zulässig und kann zu empfindlichen Strafen führen, weshalb Unternehmen hiervon jedenfalls Abstand nehmen sollten.

Insgesamt ist es also recht einfach, mit relativ niedrigen bürokratischen Hürden möglich, ukrainische Flüchtlinge zu beschäftigen und damit zur Verbesserung ihrer Lage beizutragen. Die in Österreich geltenden arbeitsrechtlichen Vorschriften -insbesondere in Hinblick auf Lohnund Sozialdumping -sind selbstverständlich auch bei der Beschäftigung ukrainischer Flüchtlinge zu beachten.

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Recht praktisch: Wien ist eine Kurzparkzone

Was bedeutet das für Unternehmen?

Es ist so weit: Das Parken in Wien ist (bis auf einzelne Ausnahmen) von Montag bis Freitag nur noch mit Parkpickerl oder Parkschein erlaubt. Diese nicht unumstrittene Maßnahme stellt Unternehmen und ihre Beschäftigten vor Herausforderungen.

Schwierig wird es für Unternehmen ohne Firmenparkplätze. Während für den Wohnsitzbezirk relativ einfach ein Parkpickerl beantragt werden kann, ist dies für den Bezirk des Arbeitsorts nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich.

Für eine solche Ausnahmebewilligung ist es zunächst erforderlich, dass die regelmäßige Dienstzeit außerhalb der Betriebszeiten der öffentlichen Verkehrsmittel liegt. Voraussetzung ist daher ein Arbeitsbeginn vor 5:30 Uhr bzw. ein Arbeitsende nach 24 Uhr. Weiters darf es nicht möglich sein, die Arbeitsstätte ohne Kraftfahrzeug zu erreichen und innerhalb von 300 Metern um die Arbeitsstätte darf kein privater oder betriebseigener Parkplatz zur Verfügung stehen.

Doch auch für Unternehmen mit Firmenparkplatz hat die flächendeckende Kurzparkzone Auswirkungen. Wenn sich der Firmenparkplatz in einem parkraumbewirtschafteten Bereich befindet, also insbesondere in der flächendeckenden Kurzparkzone Wiens, ist dessen Bereitstellung für Beschäftigte nämlich als ein sogenannter Sachbezug anzusehen. Das bedeutet, dass das Bereitstellen eines Firmenparkplatzes ein geldwerter Vorteil aus dem Dienstverhältnis ist -und damit zu Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben führt. Hierbei ist es im Übrigen irrelevant, ob dem Mitarbeiter gestattet wird, auf dem Firmengelände zu parken oder ob der Arbeitgeber hierfür Parkplätze angemietet hat.

Laut Sachbezugswerteverordnung ist hierbei ein Sachbezug von EUR 14,53 monatlich anzusetzen. Für Beschäftigte stellt das einen relativ überschaubaren Betrag dar, Unternehmen sollten aber darauf achten, diesen Betrag nicht zu übersehen, um keine Probleme mit dem Finanzamt und den Sozialversicherungsträgern zu bekommen.

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Auf dem Weg zu einem österreichischen Lieferkettengesetz?

Auf dem Weg zu einem österreichischen Lieferkettengesetz?

Es hat auch unter heimischen Unternehmen für Aufsehen gesorgt, als der deutsche Bundestag am 11. Juni 2021 das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, oft einfach „Lieferkettengesetz“ genannt, beschloss. Durch dieses Gesetz sollen nämlich ab 1.1.2023 deutsche Unternehmen mit über 3.000 bzw. ab 1.1.2024 ab 1.000 ArbeitnehmerInnen verpflichtet werden, auf die Einhaltung bestimmter Menschenrechtsstandards bzw. Umweltschutzvorschriften in ihren Lieferketten zu achten. Es muss somit nicht nur darauf geachtet werden, dass diese Standards, wozu im Übrigen auch die Einhaltung des lokalen Arbeitsrechts zählt, im eigenen Unternehmen eingehalten werden, sondern auch bei den Zulieferern.

Einige haben bereits geahnt, dass durch das deutsche Lieferkettengesetz auch österreichische Unternehmen in die Pflicht genommen werden könnten, und zwar wenn deutsche Unternehmen versuchen, ihre Verpflichtungen auf die unmittelbaren (österreichischen) Zulieferer zu übertragen, die dann wiederum auf deren Zulieferer achten müssen.

Doch nun folgte Ende Februar ein Vorstoß der EU-Kommission: es wurde ein Entwurf einer Richtlinie über Nachhaltigkeit veröffentlicht, die sehr an das deutsche Lieferkettengesetz erinnert und daher in der Folge kurz „Lieferkettenrichtlinie“ genannt werden soll.

Der Entwurf einer Lieferkettenrichtlinie

Im Kern geht es bei diesem Entwurf darum, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet werden sollen, nationale Regelungen zu erlassen, die gewisse Sorgfaltspflichten für Unternehmen bezüglich ihrer Lieferketten enthalten. So sollen die betroffenen Unternehmen etwa eine Lieferketten-Sorgfaltspflicht in ihre Unternehmenspolitik einführen, die (tatsächlichen und potenziellen) nachteiligen Auswirkungen der Aktivitäten des Unternehmens auf Menschenrechte und Umwelt beenden bzw. minimieren und die Wirksamkeit ihrer Sorgfaltspflichtpolitik bzw. -maßnahmen überwachen.

Kurzum: es kommt einiges auf die betroffenen Unternehmen zu. Und das könnten gar nicht so wenige sein – der Anwendungsbereich soll nämlich deutlich größer werden als jener des deutschen Lieferkettengesetzes. So sollen nach dem Entwurf der EU-Kommission bereits Unternehmen ab 500 ArbeitnehmerInnen und einem weltweiten Umsatz von mehr als EUR 150 Mio. bzw. Unternehmen in „Risikobranchen“ ab 250 ArbeitnehmerInnen und einem weltweiten Umsatz von mehr als EUR 40 Mio. betroffen sein.

Es wird wohl noch einige Zeit vergehen, bis aus diesem Entwurf eine EU-Richtlinie wird und bis diese Richtlinie dann in österreichisches Recht umgesetzt ist – man denke hier etwa nur an die noch immer schleppende Umsetzung der Whistleblower Richtlinie. Doch eines ist klar: der Grundstein für ein österreichisches Lieferkettengesetz wurde bereits gelegt.

KFZ Wirtschaft

Recht praktisch: Schaffung von Meldekanälen

Die Whistleblower-Richtlinie, Teil 2

Mit 17. Dezember 2021 ist die Pflicht zur Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie der EU abgelaufen. Aber was genau bedeutet das nun für Unternehmen? Für am meisten Aufsehen hat wohl die in der Richtlinie enthaltene Bestimmung gesorgt, wonach juristische Personen mit zumindest 50 Mitarbeiter*innen interne Meldekanäle für Hinweisgebende einrichten müssen. Viele Unternehmen werden sich daher in voraussichtlich nicht allzu ferner Zukunft die Frage stellen müssen, wie sie dieser Verpflichtung am besten nachkommen.

DURCHDACHTE LÖSUNGEN

Glücklicherweise finden sich auf dem Markt bereits einige durchaus durchdachte Lösungen. Neben diesen internen Meldekanälen sollen noch sogenannte externe Meldekanäle bei Behörden eingerichtet werden, um den Whistleblowern weitere Möglichkeiten zur Meldung zu geben.

WER SCHLAU IST, HANDELT JETZT

Die Erfahrung zeigt, dass der österreichische Gesetzgeber Richtlinien nach Ablauf der Umsetzungsfrist oft recht überhastet umsetzt und den Adressaten der neuen Bestimmungen damit wenig Zeit zum Reagieren gibt. Da gerade die Schaffung interner Meldekanäle oft nur schwierig über Nacht umzusetzen ist, sollten Unternehmen am besten bereits jetzt aktiv werden. Außerdem kann es auch für den Ruf eines Unternehmens und die Stimmung innerhalb der Belegschaft durchaus von Vorteil sein, wenn demonstrativ eine offene Kommunikationskultur gelebt wird, auch ohne eine diesbezügliche gesetzliche Verpflichtung.

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Recht praktisch: EU schützt Informanten

Die Whistleblower-Richtlinie, Teil 1

Seit Erscheinen meines letzten Beitrages hat sich so einiges getan: von Regierungsumbrüchen über Lockdowns und Demonstrationen bis hin zum Beschluss eines Impfpflichtgesetzes. Ach ja, und die Frist zur Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie der EU ist abgelaufen. Dieser Umstand ist unter den zahlreichen anderen Ereignissen wohl etwas untergegangen, sollte aber nicht vergessen werden. Die Whistleblower-Richtlinie hat es nämlich durchaus in sich, und nachdem die Umsetzungsfrist am 17. Dezember 2021 abgelaufen ist, wird hier wohl bald etwas auf uns zukommen.

ZIEL DER RICHTLINIE

Whistleblower (auf Deutsch Hinweisgeber bzw. buchstäblich „Pfeifenbläser“) sind, vereinfacht gesagt, Personen, die rechtswidrige Verhaltensweisen melden. Prominente Beispiele sind etwa Julian Assange, Edward Snowden oder Chelsea Manning. Diese drei Personen ereilte ein ähnliches Schicksal wie viele Whistleblower: Ihre Meldungen hatten gravierende Auswirkungen auf ihre Leben. Auch in weniger aufsehenerregenden Fällen stehen potenzielle Hinweisgeber oftmals vor der folgenschweren Entscheidung: dem Gewissen folgen oder den Arbeitsplatz behalten. Vor diesem Hintergrund hat die EU im Jahr 2019 die angesprochene Whistleblower-Richtlinie erlassen und den Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit für deren Umsetzung gegeben. Das erklärte Ziel dieser Richtlinie ist die Sicherstellung der Einhaltung von Unionsrecht durch Verbesserung der Stellung von Whistleblowern. Dies soll vor allem durch die Einführung eines Verbots von Repressalien für Whistleblower und die Schaffung von Meldekanälen erreicht werden. Letzteres hat am meisten Aufsehen erregt, weil sich jetzt viele Unternehmen die Frage stellen müssen, wie sie dieser Verpflichtung am besten nachkommen. Mehr dazu in der nächsten Ausgabe.

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Beginn des besonderen Kündigungsschutzes bei begünstigten Behinderten

Beginn des besonderen Kündigungsschutzes bei begünstigten Behinderten (9 ObA 80/21m)

In seinem Urteil vom 28.7.2021 (9 ObA 80/21m) hatte sich der Oberste Gerichtshof mit folgender Frage auseinanderzusetzen: Sind die besonderen Kündigungsschutzbestimmungen für begünstigte Behinderte auch dann zu beachten, wenn der Antrag auf Zuerkennung der Behinderteneigenschaft erst kurz nach der Kündigung aber noch am selben Tag gestellt wird?

Die für viele doch etwas überraschende Antwort: Ja, die Kündigungsbestimmungen sind zu beachten.

Und diese Antwort hat durchaus praktische Folgen. Arbeitnehmer, die möglicherweise zum Kreis der begünstigten Behinderten gehören, aber noch keine diesbezügliche Feststellung erwirkt haben, können damit nämlich auch nach der Kündigung durch die Arbeitgeberin einen entsprechenden Antrag stellen, um so eine Weiterbeschäftigung zu erreichen. Aus Arbeitgebersicht besteht somit generell bei möglicherweise begünstigt behinderten Arbeitnehmerinnen eine nicht unmaßgebliche Unsicherheit, ob eine ausgesprochene Kündigung tatsächlich wirksam ist.

Zur besseren Einordnung dieser Entscheidung möchten wir in der Folge kurz die Rechtslage im Zusammenhang mit der Kündigung von begünstigt behinderten Arbeitnehmern darstellen:

Besonderer Kündigungsschutz

Grundsätzlich können Arbeitsverhältnisse nach österreichischem Recht (anders als etwa in Deutschland) grundlos und ohne Involvierung externer Stellen gekündigt werden. Dass eine erfolgreiche Kündigung in der Praxis vor allem aufgrund der Möglichkeit der „Anfechtung wegen Sozialwidrigkeit“ oft trotzdem gar nicht so einfach ist, wissen viele Arbeitgeber aus Erfahrung.

Handelt es sich bei dem betroffenen Arbeitnehmer allerdings um einen begünstigten Behinderten, ist es unter Umständen erforderlich, dass die Arbeitgeberin vor Ausspruch der Kündigung die Zustimmung des Behindertenausschusses einholt. Ohne diese Zustimmung ausgesprochene Kündigungen sind nicht nur anfechtbar, sondern rechtsunwirksam.

Fälle, in denen die Zustimmung des Behindertenausschusses eingeholt werden muss

Bei bis zum 31.12.2010 abgeschlossenen Arbeitsverhältnissen ist die Rechtslage noch recht einfach: von Ausnahmefällen abgesehen, ist die Zustimmung des Behindertenausschusses vor Ausspruch einer Kündigung stets einzuholen, wenn das Arbeitsverhältnis zumindest 6 Monate gedauert hat.

Bei seit 1.1.2011 abgeschlossenen Arbeitsverhältnissen ist die Rechtslage schon etwas komplizierter:

Wenn die Behinderteneigenschaft bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses festgestellt war, muss die Zustimmung des Behindertenausschusses erst eingeholt werden, wenn das Arbeitsverhältnis zumindest 4 Jahre gedauert hat.

Wenn die Behinderteneigenschaft erst im Laufe des Arbeitsverhältnisses festgestellt wird, ist eine Zustimmung des Behindertenausschusses erforderlich, es sei denn die Kündigung wird innerhalb der ersten 6 Monate des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen. Hier gibt es wiederum eine Ausnahme von der Ausnahme: wenn die Behinderteneigenschaft aufgrund eines Arbeitsunfalls festgestellt wurde, kommt diese Frist von 6 Monaten nicht zur Anwendung, die Arbeitnehmerin ist also bereits früher geschützt.

Übrigens kann in Ausnahmefällen die Zustimmung des Behindertenausschusses (unabhängig vom Beginn des Arbeitsverhältnisses) auch nach Ausspruch der Kündigung eingeholt werden, und zwar wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Ausspruches nicht wusste und auch nicht wissen musste, dass die Arbeitnehmerin zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gehört.

Beginn des besonderen Kündigungsschutzes

Die Zuerkennung des Status als begünstigter Behinderter erfolgt durch die zuständige Landesstelle des Sozialministeriumservice per Feststellungsbescheid. Wirksam wird die Zuerkennung aber nicht erst mit Ausstellung des Bescheids, sondern rückwirkend mit dem Tag des Einlangens des Antrags. Und zwar mit Beginn dieses Tages, wie wir seit 9 ObA 80/21m wissen.

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Recht praktisch: Keine Miete im Lockdown! OGH gibt Mieterin eines Geschäftslokals recht

Müssen Mietzinse für Geschäftsräumlichkeiten auch dann bezahlt werden, wenn das Mietobjekt wegen eines Lockdowns nicht genutzt werden kann? Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat ein Machtwort gesprochen. Dominik Leiter, Rechtsanwalt und Partner bei Weisenheimer Legal in Wien, erklärt die Hintergründe. 

Es war eine der (vielen) großen Rechtsfragen der Covid-Pandemie: Müssen Mietzinse für Geschäftsräumlichkeiten auch dann bezahlt werden, wenn das Mietobjekt wegen eines Lockdowns nicht oder nur sehr eingeschränkt genutzt werden kann? Eine neue Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) schafft hier nun (zumindest teilweise) Klarheit.

Im konkreten Fall betrieb die Mieterin ein Sonnenstudio (und hielt dies auch als Verwendungszweck im Mietvertrag fest), das wegen des ersten Lockdowns im Frühling 2020 geschlossen werden musste. Da das Geschäftslokal somit nicht zum vereinbarten Zweck genutzt werden konnte, entschied sich die Mieterin dazu, weder Mietzins noch Betriebs- oder Heizkosten zu bezahlen, was wiederum zur Folge hatte, dass die Vermieterin gerichtlich die Räumung des Geschäftslokals begehrte. Als Reaktion machte die Mieterin gerichtlich geltend, dass tatsächlich kein Zahlungsverzug bestehen würde, weil das Mietobjekt eben nicht genutzt werden konnte.

Das Bezirksgericht Horn gab der Mieterin recht und das Landesgericht Krems bestätigte diese Entscheidung. Die Vermieterin brachte die Rechtsstreitigkeit daraufhin vor den OGH, doch dieser bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen. Die Mieterin ist somit nicht verpflichtet, den Mietzins für die Zeit des Lockdowns zu bezahlen, weshalb auch der Räumung nicht stattzugeben war. Die rechtliche Grundlage für diese Entscheidung bildet § 1104 ABGB, wonach kein Mietzins zu entrichten ist, wenn das Mietobjekt wegen „außerordentlicher Zufälle“, u. a. wegen einer „Seuche“, nicht benutzt werden kann. Covid-19 und die in diesem Zusammenhang verhängten Betretungsverbote fallen nach der OGH-Entscheidung unter diesen Begriff.

Offene Fragen

Der OGH ließ aber einige für die Praxis wichtige Fragen offen. Insbesondere den Fall, dass das Mietobjekt noch einen Restnutzen für den Mieter hat, etwa wenn ein gemietetes Restaurant zwar nicht mehr zur Bewirtung von Gästen, aber zur Ausgabe von Speisen (Take-Away) genutzt werden kann. Völlig offen bleibt auch die Berechnung des Mietzinses für so einen Restnutzen.
Zu der Frage, ob auch Betriebskosten von § 1104 ABGB mit umfasst sind, hat sich der OGH ebenso wenig ausgesprochen wie zu der Frage, wie sich staatliche Hilfeleistungen (allen voran der Fixkostenzuschuss) auswirken. In dem Zusammenhang haben allerdings bereits diverse Landesgerichte entschieden, dass derartige staatliche Hilfen für die Berechnung einer Mietzinsminderung nach § 1104 ABGB irrelevant sind. Und was ist bei Umsatzeinbußen ohne ein Betretungsverbot? Man denke etwa an Hotels, die zwar öffnen dürfen, aber wegen Reisewarnungen große Umsatzeinbußen hinnehmen müssen. Ist auch hier eine Mietzinsreduktion zu rechtfertigen? Die Thematik bleibt spannend.

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Recht praktisch: Was bringt das neue VGG?

Das neue Gewährleistungsrecht, Teil 2.

Wie berichtet, wurden die bestehenden Gewährleistungsbestimmungen geändert und mit dem Verbrauchergewährleistungsgesetz (VGG) auch ein gänzlich neues Gesetz eingeführt. Im Anwendungsbereich des ABGB wird bei Auftreten eines Mangels innerhalb von sechs Monaten ab Übergabe vermutet, dass er schon im Zeitpunkt der Übergabe vorlag. Dies führt dazu, dass im Streitfall der Verkäufer beweisen muss, dass der Mangel bei der Übergabe noch nicht vorlag. Im Anwendungsbereich des VGG wird diese Frist auf ein Jahr ausgedehnt.

Ein Mangel liegt nach dem VGG vor, wenn vertraglich vereinbarte oder „objektiv erforderliche Eigenschaften“ der Ware oder Leistung nicht vorliegen. Wenn Unternehmer und Verbraucher vereinbaren möchten, dass diese objektiv erforderlichen Eigenschaften nicht vorliegen müssen, ist hierfür eine gesonderte Zustimmung des Verbrauchers erforderlich.

Die Gewährleistungsfristen (zwei Jahre bei beweglichen Sachen und digitalen Leistungen, drei Jahre bei unbeweglichen Sachen) sind an sich unverändert geblieben. Neu ist allerdings, dass es zur Geltendmachung nicht mehr erforderlich ist, sein Gegenüber binnen dieser Fristen zu klagen. Es reicht vielmehr eine formfreie, außergerichtliche Geltendmachung aus. Zur Erhebung einer Klage hat der Käufer bis zu drei Monate nach Ablauf der jeweiligen Gewährleistungsfrist Zeit. Eine Ausnahme bilden hier allerdings die sogenannten Rechtsmängel, bei ihnen muss innerhalb von zwei Jahren ab Kenntnis des Mangels geklagt werden.

Das neue VGG und die Neuerungen im ABGB werden auf Verträge angewendet, die ab dem 01.01.2022 abgeschlossen werden. Es bleibt abzuwarten, wie die neuen Bestimmungen von der Praxis aufgenommen und in weiterer Folge von den Gerichten interpretiert werden.

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