KFZ Wirtschaft

Recht praktisch: Schaffung von Meldekanälen

Die Whistleblower-Richtlinie, Teil 2

Mit 17. Dezember 2021 ist die Pflicht zur Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie der EU abgelaufen. Aber was genau bedeutet das nun für Unternehmen? Für am meisten Aufsehen hat wohl die in der Richtlinie enthaltene Bestimmung gesorgt, wonach juristische Personen mit zumindest 50 Mitarbeiter*innen interne Meldekanäle für Hinweisgebende einrichten müssen. Viele Unternehmen werden sich daher in voraussichtlich nicht allzu ferner Zukunft die Frage stellen müssen, wie sie dieser Verpflichtung am besten nachkommen.

DURCHDACHTE LÖSUNGEN

Glücklicherweise finden sich auf dem Markt bereits einige durchaus durchdachte Lösungen. Neben diesen internen Meldekanälen sollen noch sogenannte externe Meldekanäle bei Behörden eingerichtet werden, um den Whistleblowern weitere Möglichkeiten zur Meldung zu geben.

WER SCHLAU IST, HANDELT JETZT

Die Erfahrung zeigt, dass der österreichische Gesetzgeber Richtlinien nach Ablauf der Umsetzungsfrist oft recht überhastet umsetzt und den Adressaten der neuen Bestimmungen damit wenig Zeit zum Reagieren gibt. Da gerade die Schaffung interner Meldekanäle oft nur schwierig über Nacht umzusetzen ist, sollten Unternehmen am besten bereits jetzt aktiv werden. Außerdem kann es auch für den Ruf eines Unternehmens und die Stimmung innerhalb der Belegschaft durchaus von Vorteil sein, wenn demonstrativ eine offene Kommunikationskultur gelebt wird, auch ohne eine diesbezügliche gesetzliche Verpflichtung.

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Recht praktisch: EU schützt Informanten

Die Whistleblower-Richtlinie, Teil 1

Seit Erscheinen meines letzten Beitrages hat sich so einiges getan: von Regierungsumbrüchen über Lockdowns und Demonstrationen bis hin zum Beschluss eines Impfpflichtgesetzes. Ach ja, und die Frist zur Umsetzung der Whistleblower-Richtlinie der EU ist abgelaufen. Dieser Umstand ist unter den zahlreichen anderen Ereignissen wohl etwas untergegangen, sollte aber nicht vergessen werden. Die Whistleblower-Richtlinie hat es nämlich durchaus in sich, und nachdem die Umsetzungsfrist am 17. Dezember 2021 abgelaufen ist, wird hier wohl bald etwas auf uns zukommen.

ZIEL DER RICHTLINIE

Whistleblower (auf Deutsch Hinweisgeber bzw. buchstäblich “Pfeifenbläser”) sind, vereinfacht gesagt, Personen, die rechtswidrige Verhaltensweisen melden. Prominente Beispiele sind etwa Julian Assange, Edward Snowden oder Chelsea Manning. Diese drei Personen ereilte ein ähnliches Schicksal wie viele Whistleblower: Ihre Meldungen hatten gravierende Auswirkungen auf ihre Leben. Auch in weniger aufsehenerregenden Fällen stehen potenzielle Hinweisgeber oftmals vor der folgenschweren Entscheidung: dem Gewissen folgen oder den Arbeitsplatz behalten. Vor diesem Hintergrund hat die EU im Jahr 2019 die angesprochene Whistleblower-Richtlinie erlassen und den Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit für deren Umsetzung gegeben. Das erklärte Ziel dieser Richtlinie ist die Sicherstellung der Einhaltung von Unionsrecht durch Verbesserung der Stellung von Whistleblowern. Dies soll vor allem durch die Einführung eines Verbots von Repressalien für Whistleblower und die Schaffung von Meldekanälen erreicht werden. Letzteres hat am meisten Aufsehen erregt, weil sich jetzt viele Unternehmen die Frage stellen müssen, wie sie dieser Verpflichtung am besten nachkommen. Mehr dazu in der nächsten Ausgabe.

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Beginn des besonderen Kündigungsschutzes bei begünstigten Behinderten

Beginn des besonderen Kündigungsschutzes bei begünstigten Behinderten (9 ObA 80/21m)

In seinem Urteil vom 28.7.2021 (9 ObA 80/21m) hatte sich der Oberste Gerichtshof mit folgender Frage auseinanderzusetzen: Sind die besonderen Kündigungsschutzbestimmungen für begünstigte Behinderte auch dann zu beachten, wenn der Antrag auf Zuerkennung der Behinderteneigenschaft erst kurz nach der Kündigung aber noch am selben Tag gestellt wird?

Die für viele doch etwas überraschende Antwort: Ja, die Kündigungsbestimmungen sind zu beachten.

Und diese Antwort hat durchaus praktische Folgen. Arbeitnehmer, die möglicherweise zum Kreis der begünstigten Behinderten gehören, aber noch keine diesbezügliche Feststellung erwirkt haben, können damit nämlich auch nach der Kündigung durch die Arbeitgeberin einen entsprechenden Antrag stellen, um so eine Weiterbeschäftigung zu erreichen. Aus Arbeitgebersicht besteht somit generell bei möglicherweise begünstigt behinderten Arbeitnehmerinnen eine nicht unmaßgebliche Unsicherheit, ob eine ausgesprochene Kündigung tatsächlich wirksam ist.

Zur besseren Einordnung dieser Entscheidung möchten wir in der Folge kurz die Rechtslage im Zusammenhang mit der Kündigung von begünstigt behinderten Arbeitnehmern darstellen:

Besonderer Kündigungsschutz

Grundsätzlich können Arbeitsverhältnisse nach österreichischem Recht (anders als etwa in Deutschland) grundlos und ohne Involvierung externer Stellen gekündigt werden. Dass eine erfolgreiche Kündigung in der Praxis vor allem aufgrund der Möglichkeit der „Anfechtung wegen Sozialwidrigkeit“ oft trotzdem gar nicht so einfach ist, wissen viele Arbeitgeber aus Erfahrung.

Handelt es sich bei dem betroffenen Arbeitnehmer allerdings um einen begünstigten Behinderten, ist es unter Umständen erforderlich, dass die Arbeitgeberin vor Ausspruch der Kündigung die Zustimmung des Behindertenausschusses einholt. Ohne diese Zustimmung ausgesprochene Kündigungen sind nicht nur anfechtbar, sondern rechtsunwirksam.

Fälle, in denen die Zustimmung des Behindertenausschusses eingeholt werden muss

Bei bis zum 31.12.2010 abgeschlossenen Arbeitsverhältnissen ist die Rechtslage noch recht einfach: von Ausnahmefällen abgesehen, ist die Zustimmung des Behindertenausschusses vor Ausspruch einer Kündigung stets einzuholen, wenn das Arbeitsverhältnis zumindest 6 Monate gedauert hat.

Bei seit 1.1.2011 abgeschlossenen Arbeitsverhältnissen ist die Rechtslage schon etwas komplizierter:

Wenn die Behinderteneigenschaft bereits zu Beginn des Arbeitsverhältnisses festgestellt war, muss die Zustimmung des Behindertenausschusses erst eingeholt werden, wenn das Arbeitsverhältnis zumindest 4 Jahre gedauert hat.

Wenn die Behinderteneigenschaft erst im Laufe des Arbeitsverhältnisses festgestellt wird, ist eine Zustimmung des Behindertenausschusses erforderlich, es sei denn die Kündigung wird innerhalb der ersten 6 Monate des Arbeitsverhältnisses ausgesprochen. Hier gibt es wiederum eine Ausnahme von der Ausnahme: wenn die Behinderteneigenschaft aufgrund eines Arbeitsunfalls festgestellt wurde, kommt diese Frist von 6 Monaten nicht zur Anwendung, die Arbeitnehmerin ist also bereits früher geschützt.

Übrigens kann in Ausnahmefällen die Zustimmung des Behindertenausschusses (unabhängig vom Beginn des Arbeitsverhältnisses) auch nach Ausspruch der Kündigung eingeholt werden, und zwar wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Ausspruches nicht wusste und auch nicht wissen musste, dass die Arbeitnehmerin zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gehört.

Beginn des besonderen Kündigungsschutzes

Die Zuerkennung des Status als begünstigter Behinderter erfolgt durch die zuständige Landesstelle des Sozialministeriumservice per Feststellungsbescheid. Wirksam wird die Zuerkennung aber nicht erst mit Ausstellung des Bescheids, sondern rückwirkend mit dem Tag des Einlangens des Antrags. Und zwar mit Beginn dieses Tages, wie wir seit 9 ObA 80/21m wissen.

Deal News: Innerspace erhält siebenstelliges Investment

Startup entwickelt VR-Simulatoren für die Industrie 4.0 mit Fokus auf die Life-Science-Industrie und holt in der Seed2-Runde aws Gründerfonds an Bord.

Das Tiroler Startup Innerspace erhält in einer zweiten Finanzierungsrunde ein Investment im siebenstelligen Euro-Bereich von seinen beiden Bestandsinvestoren MAD Ventures und dem High-Tech Gründerfonds (HTGF) sowie einem neuen Partner, dem aws Gründerfonds.

Innerspace entwickelt Virtual-Reality-Simulatoren für kritische Produktionsbereiche in der Life-Science-Industrie, darunter Reinräume. Das Startup wird mit dem Investment seine Marktpräsenz weiter ausbauen und nutzt die Mittel zur Aufstockung seines Vertriebs- und Consulting-Teams. Auch eine Produkt- und Markterweiterung in weitere Bereiche der Pharma- und Chemieindustrie stehen auf dem Plan.

Virtual-Reality-Simulatoren von Innerspace sind bei Big Playern der Pharma-Industrie in Europa, Nordamerika und Japan im Einsatz. Mitarbeiter in Reinräumen trainieren mit Innerspace-Technologie richtiges Verhalten, erkennen Gründe für Fehler, lernen Fehlverhalten zu vermeiden und trainieren „Erfahrung durch Wiederholung“ in einem risikofreien, virtuellen Umfeld.

Das Prinzip des Flugsimulators übersetzt in die Industrie 4.0

Die Simulatoren von Innerspace ermöglichen das Trainieren von kritischen Fähigkeiten mit VR Brillen und sind dementsprechend handlicher als Flugsimulatoren. Dennoch erfüllen sie denselben Zweck: Sie minimieren Risiken durch Reinraum-Kontaminationen und machen Fehler als kritische Ereignisse sichtbar, messbar und reproduzierbar. Durch ihren starken Bezug zur realen Herausforderung sind Trainings mit Virtual-Reality-Simulatoren deutlich effektiver als bestehende Trainings- und Lernmethoden.

“Im Wesentlichen übertragen wir die Erfolgsstory des Flugsimulators auf die Qualifizierung von Produktionspersonal in der Life-Science-Industrie: schneller, besser und gefahrenfrei Erfahrung trainieren“, illustriert Walter Ischia, Geschäftsführer Vertrieb und Finanzen von Innerspace.

„Innerspace liefert eine Komplettlösung bestehend aus Analyse und Consulting durch erfahrene Branchen- und Trainingsexperten, eine modular aufgebaute VR-Simulator-Lösung, die kundenspezifische Anpassungen ermöglicht sowie Roll-out und Implementierungssupport“, ergänzt Alexander Wild, der als Geschäftsführer Produktion und Betrieb verantwortet.

Angepeiltes Wachstum in der Life Science Industrie

„Wir erhalten großes Interesse von Seiten der Industrie für unsere VR-Simulatoren“, berichtet Ischia und ordnet das Potenzial seiner Lösung ein: „Allein in Europa gibt es knapp 100.000 Reinraummitarbeiter, weltweit sind es rund viermal so viele.“

Sebastian Scheler, Co-Founder und Chief Methodologist von Innerspace, ergänzt: „Die Prinzipien hinter unserem Simulator sind nicht nur auf den Reinraum anwendbar. Die Anforderung, richtiges Verhalten in kritischen Produktionsbereichen effektiv, messbar und reproduzierbar zu trainieren, gibt es neben der Pharma- und Chemieindustrie noch in vielen anderen Bereichen mit weit höherer Anzahl als nur in Reinräumen, zum Beispiel in Laboren.“

Erfolg in der Seed-Phase machte Investoren aufmerksam

Innerspace ist es gelungen, auch in der Krise erfolgreich zu wachsen. Damit konnte das Unternehmen nun neben den Bestandsinvestoren, dem deutschen High-Tech Gründerfonds und dem Tiroler Investor MAD Ventures, auch den heimischen aws Gründerfonds an Bord zu holen.

Christoph Haimberger, Geschäftsführer aws Gründerfonds, sagt: „Ich betrachte Virtual Reality als eine große Innovation, die zunehmend Industrien und Dienstleistungen verändert. Dank dem Team von Innerspace können nun Trainings im Bereich Life Science vom Grundsatz neu gedacht werden. Und das ist erst der Anfang für weitere Anwendungen.“

Markus Jandrinitsch, der zuständige Investment Manager beim aws Gründerfonds über Innerspace: „Virtual Reality konnte sich in den vergangenen Jahren von einer bloßen Spielerei für Early Adopter zu etablierten Use Cases in verschiedenen Verticals entwickeln. In einem der spannendsten dieser Use Cases, nämlich dem Training in kritischem Produktionsumfeld, schaffte es Innerspace, in kurzer Zeit eine beeindruckende Traktion aufzubauen, was aus unserer Sicht sowohl auf die hohe Qualität des Produkts als auch des Teams zurückzuführen ist. Wir sind daher überzeugt, dass sie mit dem Investment das enorme Marktpotenzial noch schneller ausnutzen können als bisher und große Chancen für zukünftiges Wachstum gegeben sind.“

Über Innerspace

Innerspace wurde im Jahr 2017 von Sebastian Scheler, Bernhard Fercher und Andreas Berger gegründet. Das Produkt war von Anfang an ein Virtual-Reality-Simulator, analog zum Erfolgsmodell des Flugsimulators. Seit 2018 spezialisiert sich das Unternehmen auf das Training von Mitarbeitern in der Produktion von Life-Science-Unternehmen, wie pharmazeutischen Reinräumen – ein Markt, in dem Innerspace bereits sehr erfolgreich aktiv ist. Innerspace arbeitet für weltweit renommierte Pharmaunternehmen. Das Unternehmen hat seinen Hauptsitz im österreichischen Innsbruck und beschäftigt aktuell 33 Mitarbeiter. Geschäftsführer sind Walter Ischia und Alexander Wild.

Über aws Gründerfonds

aws Gründerfonds ist eine österreichische Venture Capital-Gesellschaft und verfügt über Beteiligungskapital in Höhe von rd. 70 Millionen Euro. Der Investitionsfokus liegt auf österreichischen Startups mit großem Wachstumspotenzial für Anschub- und Anschlussfinanzierungen in der Start-up- und frühen Wachstumsphase (Later Seed und Series-A). Co-Investoren aus dem internationalen Netzwerk werden dabei aktiv eingebunden. Der aws Gründerfonds versteht sich als langfristiger, stabiler Partner und bietet unternehmerisches Venture Capital mit aktiver Unterstützung. Bislang wurden gemeinsam mit Co-Investoren mehr als 436 Millionen Euro in 39 Beteiligungen aus den Bereichen Digital, Deep Tech & Industrie sowie Life Science investiert und zahlreiche Exits erfolgreich abgeschlossen.

Über MAD Ventures

MAD ist ein Tiroler Frühphasen-Investor mit einem stark unternehmerischen Ansatz. MAD investiert „Hands, Brains and Money“ in Geschäftskonzepte mit hohem Wachstumspotenzial. Neben dem notwendigen Kapital ist es eine breite Palette an Unterstützungsleistungen, bis hin zur Komplettierung von Gründerteams mit den erfahrenen MAD Angels, die den Gründern zur Verfügung gestellt werden. Das MAD Team besteht aus Serien-Gründern, die sich ausschließlich auf die Unterstützung der Portfolio-Companies konzentrieren.

Über High-Tech Gründerfonds

Der Seedinvestor High-Tech Gründerfonds (HTGF) finanziert Technologie-Start-ups mit Wachstumspotenzial. Mit einem Volumen von rund 900 Mio. Euro verteilt auf drei Fonds sowie einem internationalen Partner-Netzwerk hat der HTGF seit 2005 mehr als 650 Start-ups begleitet. Sein Team aus erfahrenen Investment Managern und Start-up-Experten unterstützt die jungen Unternehmen mit Know-how, Unternehmergeist und Leidenschaft. Der Fokus liegt auf High-Tech Gründungen aus den Bereichen Digital Tech, Industrial-Tech, Life Sciences, Chemie und angrenzende Geschäftsfelder. Mehr als 3,5 Milliarden Euro Kapital investierten externe Investoren bislang in mehr als 1.800 Folgefinanzierungsrunden in das HTGF-Portfolio. Außerdem hat der Fonds bereits Anteile an mehr als 140 Unternehmen erfolgreich verkauft. Zu den Investoren der Public-Private-Partnership zählen das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, KfW Capital, die Fraunhofer-Gesellschaft sowie die Unternehmen ALTANA, BASF, Bayer, Boehringer Ingelheim, B.Braun, Robert Bosch, BÜFA, CEWE, Deutsche Bank, Deutsche Post DHL, Dräger, 1+1 AG, EVONIK, EWE AG, FOND OF, Haniel, Hettich, Knauf, Körber, LANXESS, media + more venture Beteiligungs GmbH & Co. KG, PHOENIX CONTACT, QIAGEN, RWE Generation SE, SAP, Schufa, Schwarz Gruppe, STIHL, Thüga, Vector Informatik, WACKER und Wilh. Werhahn KG.

Zum Artikel: https://aws-gruenderfonds.eyepinnews.com/lMJJ0KmS7gYmTwwL

 

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Recht praktisch: Keine Miete im Lockdown! OGH gibt Mieterin eines Geschäftslokals recht

Müssen Mietzinse für Geschäftsräumlichkeiten auch dann bezahlt werden, wenn das Mietobjekt wegen eines Lockdowns nicht genutzt werden kann? Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat ein Machtwort gesprochen. Dominik Leiter, Rechtsanwalt und Partner bei Weisenheimer Legal in Wien, erklärt die Hintergründe. 

Es war eine der (vielen) großen Rechtsfragen der Covid-Pandemie: Müssen Mietzinse für Geschäftsräumlichkeiten auch dann bezahlt werden, wenn das Mietobjekt wegen eines Lockdowns nicht oder nur sehr eingeschränkt genutzt werden kann? Eine neue Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) schafft hier nun (zumindest teilweise) Klarheit.

Im konkreten Fall betrieb die Mieterin ein Sonnenstudio (und hielt dies auch als Verwendungszweck im Mietvertrag fest), das wegen des ersten Lockdowns im Frühling 2020 geschlossen werden musste. Da das Geschäftslokal somit nicht zum vereinbarten Zweck genutzt werden konnte, entschied sich die Mieterin dazu, weder Mietzins noch Betriebs- oder Heizkosten zu bezahlen, was wiederum zur Folge hatte, dass die Vermieterin gerichtlich die Räumung des Geschäftslokals begehrte. Als Reaktion machte die Mieterin gerichtlich geltend, dass tatsächlich kein Zahlungsverzug bestehen würde, weil das Mietobjekt eben nicht genutzt werden konnte.

Das Bezirksgericht Horn gab der Mieterin recht und das Landesgericht Krems bestätigte diese Entscheidung. Die Vermieterin brachte die Rechtsstreitigkeit daraufhin vor den OGH, doch dieser bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen. Die Mieterin ist somit nicht verpflichtet, den Mietzins für die Zeit des Lockdowns zu bezahlen, weshalb auch der Räumung nicht stattzugeben war. Die rechtliche Grundlage für diese Entscheidung bildet § 1104 ABGB, wonach kein Mietzins zu entrichten ist, wenn das Mietobjekt wegen „außerordentlicher Zufälle“, u. a. wegen einer „Seuche“, nicht benutzt werden kann. Covid-19 und die in diesem Zusammenhang verhängten Betretungsverbote fallen nach der OGH-Entscheidung unter diesen Begriff.

Offene Fragen

Der OGH ließ aber einige für die Praxis wichtige Fragen offen. Insbesondere den Fall, dass das Mietobjekt noch einen Restnutzen für den Mieter hat, etwa wenn ein gemietetes Restaurant zwar nicht mehr zur Bewirtung von Gästen, aber zur Ausgabe von Speisen (Take-Away) genutzt werden kann. Völlig offen bleibt auch die Berechnung des Mietzinses für so einen Restnutzen.
Zu der Frage, ob auch Betriebskosten von § 1104 ABGB mit umfasst sind, hat sich der OGH ebenso wenig ausgesprochen wie zu der Frage, wie sich staatliche Hilfeleistungen (allen voran der Fixkostenzuschuss) auswirken. In dem Zusammenhang haben allerdings bereits diverse Landesgerichte entschieden, dass derartige staatliche Hilfen für die Berechnung einer Mietzinsminderung nach § 1104 ABGB irrelevant sind. Und was ist bei Umsatzeinbußen ohne ein Betretungsverbot? Man denke etwa an Hotels, die zwar öffnen dürfen, aber wegen Reisewarnungen große Umsatzeinbußen hinnehmen müssen. Ist auch hier eine Mietzinsreduktion zu rechtfertigen? Die Thematik bleibt spannend.

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Recht praktisch: Was bringt das neue VGG?

Das neue Gewährleistungsrecht, Teil 2.

Wie berichtet, wurden die bestehenden Gewährleistungsbestimmungen geändert und mit dem Verbrauchergewährleistungsgesetz (VGG) auch ein gänzlich neues Gesetz eingeführt. Im Anwendungsbereich des ABGB wird bei Auftreten eines Mangels innerhalb von sechs Monaten ab Übergabe vermutet, dass er schon im Zeitpunkt der Übergabe vorlag. Dies führt dazu, dass im Streitfall der Verkäufer beweisen muss, dass der Mangel bei der Übergabe noch nicht vorlag. Im Anwendungsbereich des VGG wird diese Frist auf ein Jahr ausgedehnt.

Ein Mangel liegt nach dem VGG vor, wenn vertraglich vereinbarte oder “objektiv erforderliche Eigenschaften” der Ware oder Leistung nicht vorliegen. Wenn Unternehmer und Verbraucher vereinbaren möchten, dass diese objektiv erforderlichen Eigenschaften nicht vorliegen müssen, ist hierfür eine gesonderte Zustimmung des Verbrauchers erforderlich.

Die Gewährleistungsfristen (zwei Jahre bei beweglichen Sachen und digitalen Leistungen, drei Jahre bei unbeweglichen Sachen) sind an sich unverändert geblieben. Neu ist allerdings, dass es zur Geltendmachung nicht mehr erforderlich ist, sein Gegenüber binnen dieser Fristen zu klagen. Es reicht vielmehr eine formfreie, außergerichtliche Geltendmachung aus. Zur Erhebung einer Klage hat der Käufer bis zu drei Monate nach Ablauf der jeweiligen Gewährleistungsfrist Zeit. Eine Ausnahme bilden hier allerdings die sogenannten Rechtsmängel, bei ihnen muss innerhalb von zwei Jahren ab Kenntnis des Mangels geklagt werden.

Das neue VGG und die Neuerungen im ABGB werden auf Verträge angewendet, die ab dem 01.01.2022 abgeschlossen werden. Es bleibt abzuwarten, wie die neuen Bestimmungen von der Praxis aufgenommen und in weiterer Folge von den Gerichten interpretiert werden.

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Kündigung

Kündigung österreichischer Arbeitnehmer von ausländischen Unternehmen

Es kommt gar nicht so selten vor, dass international agierende Unternehmen einzelne Arbeitnehmer – bzw. in vielen Fällen sogar nur einen einzigen Arbeitnehmer – in Österreich beschäftigen. Gerade durch den Home-Office Boom während der Pandemie hat die Zahl solcher Konstellationen noch zugenommen.

Abgesehen von ein wenig organisatorischem Mehraufwand ist diese Form der Arbeit technisch und rechtlich weitgehend unproblematisch. Etwas kompliziert wird die Angelegenheit allerdings, wenn sich das Unternehmen entscheidet, sich von dem Mitarbeiter trennen zu wollen. Hier stellen sich vor allem zwei Fragen, die in Österreich bislang allerdings noch nicht höchstrichterlich geklärt wurden.

Welches Recht ist auf diese Kündigungen anwendbar?

An sich haben wir mit Artikel 8 Rom-I Verordnung eine recht klare Bestimmung zu dem auf Arbeitsverhältnisse anwendbaren Recht. Demnach ist zunächst zu prüfen, ob die Parteien das Recht eines bestimmten Staates gewählt haben und, falls keine Rechtswahl vorliegt, vor allem das Recht des Staates des gewöhnlichen Arbeitsorts des Arbeitnehmers maßgeblich. In den oben angesprochenen Fällen kommt also regelmäßig österreichisches Recht zur Anwendung.

Zum Thema Rechtswahl sei noch kurz erwähnt, dass diese nicht dazu führen darf, dass dem Arbeitnehmer der Schutz entzogen wird, der ihm durch das ohne Rechtswahl anwendbare Recht entzogen wird.

Nun ist das österreichische Kündigungsanfechtungsrecht allerdings als Recht des Betriebsrats ausgestaltet (auch wenn in der Praxis oft der Arbeitnehmer selbst gegen die Kündigung vorgeht und nicht der Betriebsrat) und es muss auch vor Ausspruch einer Kündigung ein gewisses Verfahren unter Einbeziehung des Betriebsrates eingehalten werden. Aus diesem Grund ist umstritten, ob Artikel 8 auf diese Fragen anzuwenden ist.

Eine gesetzliche oder höchstrichterliche Abklärung dieser Frage wäre sehr wünschenswert, bislang sind Arbeitgeber in solchen Fällen nämlich mit großen Unsicherheiten und Risiken (bis hin zur Unwirksamkeit der Kündigung) konfrontiert.

Kann der Arbeitnehmer die Kündigung (insbesondere wegen Sozialwidrigkeit) anfechten?

Wie bereits angesprochen, ist das Kündigungsanfechtungsrecht in Österreich als Recht des Betriebsrats ausgestaltet. Sollte der Betriebsrat die Kündigung nicht anfechten oder trotz Betriebsratspflicht (mind. fünf Arbeitnehmer) kein Betriebsrat bestehen, kann auch der Arbeitnehmer selbst gegen eine Kündigung (oder Entlassung) vorgehen.

In diesem Zusammenhang muss also zunächst überprüft werden, ob die Strukturen in Österreich bereits für die Qualifikation als eigenständiger Betrieb ausreichen. Falls dem so ist, wird ein solcher Betrieb regelmäßig nicht betriebsratspflichtig sein, weil ihm oft keine fünf Arbeitnehmer angehören. In diesem Fall wäre somit keine Kündigungsanfechtung möglich.

Sollten die Mitarbeiter in Österreich aber keinen eigenständigen Betrieb bilden, sondern in einen ausländischen Betrieb (mit mindestens fünf Arbeitnehmern) eingegliedert sein, stellt sich die Frage, ob ein etwaiger ausländischer Betriebsrat zur Kündigungsanfechtung nach österreichischem Recht legitimiert wäre bzw. ob der Mitarbeiter seine Kündigung selbst anfechten könnte.

Insgesamt bestehen somit einige Tücken und Unklarheiten rund um die Kündigung (oder Entlassung) österreichischer Arbeitnehmer von ausländischen Unternehmen, weshalb eine gute rechtliche Beratung oft essentiell ist.

 

 

 

KFZ Wirtschaft

Recht praktisch: Gewähr bei Fuß

Das neue Gewährleistungsrecht, Teil 1. Zurück aus der Sommerpause und mit frischen Kräften wollen wir uns heute dem neuen “Gewährleistungsrichtlinien- Umsetzungsgesetz”(GRUG) widmen. Anlass für das GRUG war, wie der Name schon erahnen lässt, die Umsetzung von europäischen Richtlinien (konkret der Warenkauf-Richtlinie und der Digitale-Inhalte-Richtlinie). Durch dieses Gesetz wurden die bestehenden Gewährleistungsbestimmungen geändert und mit dem Verbrauchergewährleistungsgesetz (VGG) auch ein gänzlich neues Gesetz eingeführt. Im Prinzip blieb der Gesetzgeber dem bisherigen Gewährleistungssystem allerdings treu.

Das neue VGG wird auf Verträge zwischen Unternehmer*innen und Verbraucher*innen (B2C) über den Kauf von Waren, also beweglichen körperlichen Sachen inklusive Werklieferungsverträgen, und auf Verträge über die Bereitstellung digitaler Leistungen angewendet. Auf andere Verträge, wie etwa zwischen Unternehmern oder Verbrauchern untereinander, Verträge über Liegenschaften oder Werkverträge, wird weiterhin das allgemeine Gewährleistungsrecht des ABGB angewendet. In der Folge sollen einige wichtige Unterschiede zwischen den Gewährleistungsregeln des VGG und jenen des ABGB aufgezeigt werden.

Während das ABGB nur generell davon spricht, dass die gewährleistungsrechtlichen Bestimmungen nur auf entgeltliche Verträge Anwendung finden, legt das VGG explizit fest, dass es auch auf Verträge anwendbar ist, bei denen Verbraucher*innen als Gegenleistung ihre Daten zur Verfügung stellen. Damit wird auf die fortschreitende Entwicklung reagiert, dass Unternehmen insbesondere digitale Inhalte augenscheinlich gratis zur Verfügung stellen, in Wahrheit aber die Daten der User sammeln und anschließend verwerten.

Für digitale Leistungen und Waren mit digitalen Elementen wird zudem eine Aktualisierungspflicht festgelegt. Der Verkäufer haftet also dafür, dass er die Updates zur Verfügung stellt, die notwendig sind, damit die digitale Leistung bzw. Ware weiterhin dem Vertrag entspricht. Diese Pflicht kommt auch im B2B-Bereich, also auf Verträge zwischen Unternehmen, zur Anwendung.

Wann ein Mangel nach VGG vorliegt und welche Gewährleistungsfristen nun gelten, lesen Sie in der nächsten Ausgabe der KFZwirtschaft.

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Kollektivvertrag, Handel, Handelsangestellte

KV Handel: Umstieg in das neue Gehaltssystem bis 1.1.2022

Der Umstieg in das neue Gehaltssystem des Kollektivvertrages für Handelsangestellte muss zwar an sich „erst“ spätestens am 1.1.2022 durchgeführt werden, dieses Thema sollte aber jedenfalls (spätestens) in den nächsten Wochen angepackt werden. Grund dafür ist zum einen der nicht zu unterschätzende administrative Aufwand, zum anderen müssen aber auch gewisse Fristen beachtet werden. Sollte man die Umstellung „verschlafen“, kann das zu Forderungen der Angestellten und auch zu Problemen mit den Behörden (Stichwort: Unterentlohnung) führen.

Aber der Reihe nach. Was ist genau zu tun?

Zunächst ist ein Umstiegsstichtag festzulegen, also zu bestimmen, ab wann das neue Gehaltssystem zur Anwendung kommen soll. Und zwar grundsätzlich durch eine Betriebsvereinbarung. In Betrieben ohne Betriebsrat ist der Umstiegsstichtag vom Arbeitgeber festzulegen. Er muss allerdings seine Arbeitnehmer spätestens 3 Monate im Vorhinein schriftlich über den geplanten Umstiegsstichtag informieren. Wird kein Umstiegsstichtag vereinbart bzw. gewählt, ist das neue Gehaltssystem ab 1.1.2022 automatisch anwendbar. Übrigens, auch die Kollektivvertragsparteien, also WKO und ÖGB, würden gerne spätestens 3 Monate vor dem Umstieg über den gewählten Stichtag informiert werden.

Als nächsten Schritt empfiehlt es sich, die bestehenden Einstufungen der Arbeitnehmer nach dem alten Gehaltssystem zu überprüfen. Während nach dem Umstiegsstichtag neu eintretende Angestellte nämlich „einfach“ in das neue Gehaltssystem einzustufen sind, ist für bestehende Mitarbeiter eine besondere Umstufungsmethode vorgesehen, die sich von der bisherigen Einstufung ableitet.

Damit kommen wir auch schon zum Höhepunkt des gesamten Unterfangens: die Einstufung der Mitarbeiter im neuen Gehaltssystem. Hier fällt wohl der größte administrative Aufwand an und treten die meisten Unsicherheiten ob dieses ungewohnten Systems auf. Gegebenenfalls sind natürlich auch Gehälter zu erhöhen, um zu verhindern, dass Mitarbeiter unterkollektivvertraglich entlohnt werden.

Schlussendlich sind den Angestellten bis spätestens 4 Wochen vor dem Umstiegsstichtag eigene Umstiegsdienstzettel auszustellen, in denen insbesondere die Beschäftigungsgruppe (inkl. Mindestgehalt), in die die Mitarbeiter nun eingestuft werden, anzugeben ist.

Noch Fragen? Oder hätten Sie einfach gerne jemanden, der Ihnen hier über die Schulter schaut?

Wir Weisenheimer arbeiten eng mit Experten aus dem Bereich der Lohnverrechnung zusammen und bieten gerne für jeden Mandanten maßgeschneiderte Packages an, um den Umstieg möglichst effizient und reibungslos durchzuführen. Auch Spätentschlossene sind bei uns natürlich herzlich willkommen.

Und zum Schluss noch ein Praxistipp: Da der Umstieg voraussichtlich mit einem ziemlichen administrativen Aufwand verbunden ist, sollte er nicht zu einer Zeit erfolgen, in der die HR Abteilung ohnehin viel zu tun hat. Ein Abwarten mit der Umstellung bis zum Jahreswechsel ist deshalb nicht ideal.

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Recht praktisch: Die Vorteile von E-Autos

Die Vorteile von Elektroautos liegen auf der Hand. Zumindest aus rechtlicher Sicht. Während Diskussionen über die Umweltfreundlichkeit oft emotional geführt werden, sind E-Autos ein fester Bestandteil der meisten Maßnahmenkataloge zur Bekämpfung des Klimawandels. Dementsprechend wurden unterschiedliche Anreize geschaffen, um möglichst viele Menschen dazu zu bewegen, von einem Fahrzeug mit Verbrennungs- auf eines mit Elektromotor umzusteigen. In meinem heutigen Beitrag sollen einige Vorteile, die ein E-Auto mit sich bringt, dargestellt werden.

Zunächst zu den steuerlichen Vorteilen. Als Käufer eines Stromers spart man sich die (zuletzt erhöhte) NoVA sowie die motorbezogene Versicherungssteuer. Zudem bestehen Vergünstigungen bei der Umsatzsteuer: Das für betrieblich verwendete Pkw bestehende Vorsteuerabzugsverbot gilt nämlich nicht für E-Autos. Und noch ein Hinweis speziell für privat genutzte Firmenwägen: Während der Kfz-Sachbezug normalerweise die Bemessungsgrundlage für Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträge und Lohnnebenkosten erhöht (und damit zu höheren Steuerzahlungen führt), sind privat genutzte Elektroautos hiervon ausgenommen.

Auch bei den nächsten Vorteilen geht es um finanzielle Anreize. Im Rahmen der E-Mobilitätsoffensive des Umweltministeriums wird der Privatkauf eines E-Autos mit insgesamt 5.000 Euro gefördert (Modelle mit einem Brutto-Listenpreis von mehr als 60.000 Euro sind hiervon allerdings ausgeschlossen). Die Installation privater Ladeinfrastruktur wird mit 600 Euro pro Wallbox oder intelligentem Ladekabel zusätzlich unterstützt. Auch Unternehmen werden gefördert, etwa bei der Anschaffung von Elektrofahrzeugen mit 4.000 Euro und bei der Errichtung von öffentlich zugänglichen Schnellladestationen mit bis zu 30.000 Euro pro Ladestation.

Einige Städte wie Graz, Klagenfurt oder Eisenstadt haben sich dafür entschieden, für E-Autos keine Parkgebühr einzuheben. Wien ist allerdings nicht mitgezogen.

Zu guter Letzt noch ein Vorteil beim Fahren selbst: Für Autos mit grünem Kennzeichen gelten Geschwindigkeitsbeschränkungen aufgrund des Immissionsschutzgesetzes-Luft (IG-L) nicht. Sie dürfen also auf den betroffenen Streckenabschnitten statt 100 bzw. 80 km/h weiterhin 130 km/h fahren.