Die Beschäftigung von Mitarbeitern ausländischer Airlines in Österreich
Für die meisten Airlines ist es selbstverständlich, international tätig zu sein. Gerade in Europa herrscht aufgrund der starken Verflechtungen der Länder untereinander und der weitgehenden Liberalisierung des Luftverkehrs samt der Gewährung der Freiheiten der Luft reger internationaler Flugverkehr.
Um einen möglichst reibungslosen Ablauf sicherzustellen, wird nicht nur Personal am Hauptsitz der Airline, sondern auch an den einzelnen Destinationen benötigt. Oft sourcen Luftfahrtunternehmen zahlreiche Aufgaben an externe Unternehmen aus, während die eigenen Station Manager koordinierend und organisierend agieren. Das Engagement in anderen Ländern kann aber durchaus auch intensiver sein und von der Beschäftigung eigener Mitarbeiter der ausländischen Airline in Österreich, über die Errichtung einer Zweigniederlassung, bis hin zur Errichtung einer eigenen Gesellschaft reichen.
Im Folgenden möchten wir einen Überblick darüber geben, was bei der Beschäftigung von „normalen“ Mitarbeitern ausländischer Airlines in Österreich zu beachten ist. Auf fliegendes Personal finden teilweise andere Regelungen Anwendung, auf die hier nicht gesondert eingegangen wird. Die Ausführungen dieses Beitrags gehen vom „Standardfall“ einer ausländischen Airline aus, sind aber durchaus auch für andere Unternehmen – insbesondere auch im Bereich der Business Aviation – relevant.
Arbeits- und Aufenthaltsbewilligung
Bei der Beschäftigung von Mitarbeitern aus Nicht-EU-Staaten in Österreich wird grundsätzlich eine Aufenthalts- und Arbeitsbewilligung nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz bzw. dem Ausländerbeschäftigungsgesetz benötigt. Diese wird in der Regel von den für den künftigen österreichischen Wohnsitz des ausländischen Mitarbeiters zuständigen Verwaltungsbehörden nach einer positiven Begutachtung durch das österreichische Arbeitsmarktservice (AMS) erteilt.
Die gängigste Form ist hierbei die sog. „Rot-Weiß-Rot Karte“, bei der in erster Linie aufgrund eines vordefinierten Punktesystems entschieden wird, ob ein Arbeitnehmer in Österreich beschäftigt werden darf. Die Rot-Weiß-Rot Karte gibt es in mehreren Varianten, wobei die „Rot-Weiß-Rot Karte für sonstige Schlüsselkräfte“ am meisten Flexibilität in Hinblick auf Erteilungsvoraussetzungen und Einsatzmöglichkeiten bietet und grundsätzlich sowohl für Mitarbeiter mit einem Universitätsabschluss als auch für Mitarbeiter mit lediglich im Rahmen ihrer bisherigen Berufserfahrungen erworbenen Kenntnissen und Fertigkeiten in Frage kommt. Voraussetzung ist hierbei, dass die Mitarbeiter berufseinschlägige Erfahrungen und Qualifikationen sowie ausreichende Sprachkenntnisse (deutsch oder englisch) mitbringen und vom (künftigen) Arbeitgeber in Österreich ein ausreichendes Gehalt (2023: EUR 2.925,- brutto pro Monat) beziehen oder zumindest vertraglich zugesichert bekommen.
Im Falle vorübergehender unternehmensinterner Transfers von Führungskräften, Spezialisten und Trainees („ICT“) kommen besondere, günstigere Bestimmungen zur Anwendung. Als ICT gelten Mitarbeiter mit der Staatsangehörigkeit eines Nicht-EU-Staates, die von ihrem Arbeitgeber mit Sitz in einem Nicht-EU-Staat während ihres (in dem Nicht-EU Staat des Arbeitgebers begründeten) Arbeitsverhältnisses als Führungskraft, als Spezialist oder als Trainee in eine oder mehrere Niederlassungen des Arbeitgebers in der EU (oder eines mit dem Arbeitgeber konzernmäßig verbundenen Unternehmens in der EU) vorübergehend transferiert werden. Ein ICT-Aufenthaltstitel für Führungskräfte kommt dabei für jene Mitarbeiter in Frage, die die sie aufnehmende Niederlassung in Österreich oder eine Abteilung der österreichischen Niederlassung eigenverantwortlich leiten sollen. Die ICT-Karte für Spezialisten eignet sich insbesondere für Personen, die über Spezialkenntnisse für die Tätigkeitsbereiche, die Verfahren oder die Verwaltung der aufnehmenden Niederlassung und über ein hohes Qualifikationsniveau für bestimme Arbeiten oder Tätigkeiten mit spezifischen technischen Kenntnissen verfügen. Die ICT-Karte für Trainees setzt hingegen voraus, dass der Mitarbeiter einen Hochschulabschluss hat und zwecks seiner beruflichen (branchenspezifischen, technischen oder methodischen) Fortbildung in die österreichische Niederlassung transferiert wird. Bei der Wahl des Aufenthaltstitels müssen also nicht nur die Ausbildungs- und der berufliche Hintergrund des Mitarbeiters, sondern auch die Bedürfnisse des österreichischen (aufnehmenden) Betriebs berücksichtigt werden. Diese müssen im Antrag auf den Aufenthaltstitel entsprechend dargestellt und begründet werden, was in der Praxis oft Schwierigkeiten bereitet.
Bürger aus EU-Mitgliedstaaten, EWR-Staaten und der Schweiz haben freien Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt und benötigen daher keine arbeitsmarktbehördliche Berechtigung zur Arbeitsaufnahme. Sie sind diesbezüglich also österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt.
Bei einer Beschäftigung eines ausländischen Mitarbeiters muss der Arbeitgeber die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen einhalten sowie die geltenden Sozialversicherungsvorschriften beachten, da sonst die Beschäftigung untersagt oder die dem ausländischen Mitarbeiter erteilte Aufenthaltstitel und Arbeitsbewilligungen von den zuständigen Behörden widerrufen werden können.
Anwendbares Recht
Nach der in Österreich anwendbaren Rom I-Verordnung unterliegen Individualarbeitsverträge dem Recht des Staates, in dem oder von dem aus der Mitarbeiter gewöhnlich seine/ihre Arbeit verrichtet. Die vorübergehende Arbeitsverrichtung in einem anderen Staat ändert hieran nichts. Für fliegendes Personal wird der gewöhnlicher Arbeitsort in der Regel der Homebase entsprechen.
Den Parteien steht es allerdings auch frei, die Anwendbarkeit eines anderen Rechts auf das Arbeitsverhältnis zu vereinbaren. Hier ist allerdings die Einschränkung zu beachten, dass diese Rechtswahl nicht dazu führen darf, dass dem Mitarbeiter der Schutz entzogen wird, der ihm durch das mangels Rechtswahl anzuwendende zwingende Recht gewährt worden wäre.
Zusammengefasst bedeutet das also, dass mit einem Mitarbeiter, der seine Arbeit für gewöhnlich in Österreich verrichtet, zwar vereinbart werden kann, dass sein Arbeitsverhältnis einem anderen Recht (beispielsweise dem Recht des Sitzstaats der Airline) unterliegt – die zwingenden österreichischen Bestimmungen des Arbeitsrechts müssen aber dennoch beachtet werden.
Die Bestimmungen des kollektiven Arbeitsrechts, also etwa der Möglichkeit, einen Betriebsrat zu wählen, Betriebsvereinbarungen abzuschließen und Kündigungen anzufechten, kommen zur Anwendung, sobald ein Betrieb in Österreich vorliegt. Eine Rechtswahl ist hier somit nicht möglich.
Was ist arbeitsrechtlich zu beachten?
Das österreichische Arbeitsrecht ist recht komplex und insbesondere vom Vorhandensein verschiedener Rechtsquellen geprägt. Arbeitgeber müssen nämlich nicht nur Gesetze und die abgeschlossenen Arbeitsverträge beachten, sondern auch die sogenannten Kollektivverträge (Verträge zwischen den Interessenvertretern der Arbeitgeber und jenen der Arbeitnehmer) und Betriebsvereinbarungen (sofern ein Betriebsrat besteht).
Im Arbeitsalltag insbesondere relevant sind die arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen (insbesondere Höchstarbeitszeiten und Überstundenvergütung), die Regelungen betr. Dienstverhinderungen und Urlaub sowie die Regelungen zu Mindestentgelten. In Österreich gibt es zwar an sich kein gesetzliches Mindestentgelt, es bestehen aber ziemlich flächendeckend Kollektivverträge, die wiederum Mindestentgelte festlegen. Diese Mindestentgelte sind aufgrund des Lohn- und Sozialdumping Bekämpfungsgesetzes (LSD-BG) auch von Arbeitgebern ohne Sitz in Österreich zu beachten.
Auch die Bestimmungen des österreichischen Sozialrechts sind komplex und zwingend einzuhalten.
Der Kollektivvertrag für ausländische Luftverkehrsgesellschaften in Österreich
Für ausländische Airlines ist der Kollektivvertrag für die Angestellten und sonstigen Dienstnehmer der ausländischen Luftverkehrsgesellschaften in Österreich relevant.
Bei Verhandlung dieses Kollektivvertrages wurde zwar an sich primär an Verkaufs- oder Stationsmitarbeiter gedacht, er gilt aber nunmehr für sämtliche in Österreich tätige Arbeitnehmer ausländischer Airlines. Ausnahmen bestehen lediglich hinsichtlich jenen Arbeitnehmern, die nach Österreich versetzt wurden und deren Dienstverträge ausländischem Dienstrecht unterliegen sowie leitenden Angestellten.
Dieser Kollektivvertrag enthält diverse Regelungen, die von ausländischen Luftfahrtunternehmen zu beachten sind. Hierzu gehören insbesondere Bestimmungen zu Überstundenzuschlägen, der Normalarbeitszeit, sowie besonders relevant: zu Mindestentgelten. Arbeitgeber haben demnach ihre Mitarbeiter nach dem im Kollektivvertrag festgelegten Schema einzustufen und zumindest entsprechend dem dort festgelegten Entgelt zu entlohnen – eine Einordnung, die oft (auch aufgrund der Entstehungsgeschichte des Kollektivvertrages und des weiten Anwendungsbereichs) nicht so einfach ist. Eine Unterentlohnung kann nicht nur zu zivilrechtlichen Ansprüchen der Arbeitnehmer, sondern auch zu Verwaltungsstrafen nach dem österreichischen Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz von bis zu EUR 400.000,- führen.
Weiters wird in dem Kollektivvertrag auch festgelegt, dass Mitarbeiter neben ihrem Monatsgehalt Anspruch auf einen Urlaubszuschuss in Höhe eines Monatsgrundgehalts und auf eine Weihnachtsremuneration in Höhe des Novembergehalts haben. Derartige Sonderzahlungen sind in Kollektivverträgen sehr oft vorgesehen, weshalb man in Österreich auch generell davon spricht, dass Mitarbeiter 14 Gehälter pro Jahr erhalten.
Entsendungen nach Österreich
Teilweise bevorzugen es ausländische Airlines, bereits bei ihnen am Hauptsitz beschäftigte Mitarbeiter – oft Personen in leitender Stellung oder Spezialisten auf ihrem Gebiet – nach Österreich zu entsenden. In diesem Fall gilt der zuvor erwähne Kollektivvertrag nicht, wenn der Dienstvertrag weiterhin ausländischem Dienstrecht unterliegt. Dies bedeutet aber nicht, dass das österreichische Arbeitsrecht nicht zu beachten ist oder es in Hinblick auf das Entgelt keine zwingenden Regelungen gibt. Es sind nämlich die Bestimmungen des bereits erwähnten Lohn- und Sozialdumping Bekämpfungsgesetzes zu beachten.
Demnach bestehen strenge Melde- und Dokumentationspflichten für Entsendungen nach Österreich. Die Meldepflichten und auch aufenthaltsrechtliche Verpflichtungen variieren je nach dem, ob die entsendenden Arbeitgeber und/oder die entsandten Mitarbeiter EU/EWR-Bürger oder Schweizer sind.
Entsendeunternehmen mit Sitz in der EU, dem EWR oder in der Schweiz müssen Entsendungen von Drittstaatsangehörigen vor der geplanten Arbeitsaufnahme der österreichischen Zentralen Koordinationsstelle (ZKO) des Amts für Betrugsbekämpfung melden. Die ZKO leitet diese Meldung in der Folge an das österreichische Arbeitsmarktservice (AMS) weiter, welches binnen 2 Wochen ab Einlangen mittels einer EU-Entsendebestätigung das Vorliegen der Voraussetzungen für die Entsendung zu bestätigen bzw. bei Nichtvorliegen der Voraussetzungen, die Entsendung zu untersagen hat. Neben der EU-Entsendebestätigung muss der drittstaatsangehörige Mitarbeiter auch über ein gültiges Visum oder (bei Entsendungen für mehr als 6 Monate) über einen entsprechenden Aufenthaltstitel verfügen, welche gesondert bei der zuständigen Behörde zu beantragen ist.
Bei Entsendeunternehmen mit Sitz in einem Drittstaat ist für die Entsendung von Drittstaatsangehörigen (je nach Dauer der Entsendung) eine Entsende- oder eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich, die direkt beim AMS zu beantragen ist. Eine Entsendebewilligung kann entsandten Drittstaatsangehörigen für die Dauer von maximal 4 Monaten erteilt werden, wenn die Arbeiten, für die sie eingesetzt werden, nicht länger als sechs Monate dauern. Dauern die Arbeiten länger als sechs bzw. die Beschäftigung des entsandten Mitarbeiters länger als vier Monate, so muss statt einer Entsendebewilligung eine Beschäftigungsbewilligung beantragt werden. Auch in diesen Fällen muss der Drittstaatsangehörige über ein gültiges Visum oder einen passenden Aufenthaltstitel in Österreich verfügen, welches/r gesondert zu beantragen ist.
Weiters sind die sozialrechtlichen Bestimmungen relevant, wonach je nach den Umständen der Entsendung entweder der Nachweis einer bestehenden Versicherung im Entsendestaat ausreicht oder eine Anmeldung zur österreichischen Sozialversicherung zu erfolgen hat. Dieser Punkt kann in der Praxis durchaus zu Problemen führen und hängt vor allem auch davon ab, ob diesbezügliche Übereinkommen zwischen dem Entsendestaat und Österreich bestehen. Bei einer Entsendung innerhalb der EU muss beim zuständigen Sozialversicherungsträger des Entsendestaats eine Bestätigung (A1-Bescheinigung) beantragt werden.; Die A1-Bescheiniung stellt verbindlich fest, dass auf den entsandten Mitarbeiter (für die Dauer der Entsendung) ausschließlich die sozialversicherungsrechtlichen Gesetze des Entsendestaats (und nicht das österreichische Sozialversicherungsrecht) anwendbar sind. An diese Bestätigung sind die österreichischen Behörden gebunden; sie stellt also für den Arbeitgeber ein wichtiges Instrument dar, mit dem sozialversicherungsrechtliche Haftungen relativ unkompliziert verhindert werden können.
Während der Entsendung nach Österreich hat der entsandte Mitarbeiter gewisse arbeitsrechtliche Ansprüche. So hat er etwa Anspruch auf zumindest das gleiche, durch Verordnung oder Kollektivvertrag festgelegte Entgelt, das in Österreich für vergleichbare Tätigkeiten bei vergleichbaren Arbeitgebern gebührt. Somit sind die im Kollektivvertrag festgelegten Mindestgehälter über den Umweg des LSD-BG auch für entsendete Arbeitnehmer beachtlich. Auch die in Österreich geltenden Arbeitszeitgrenzen und Mindestruhezeiten sind einzuhalten und der nach österreichischem Recht vorgesehene bezahlte Urlaub ist zu gewähren.
Für detailliertere Fragen, die im Zusammenhang mit dem komplexen Thema der Beschäftigung von Mitarbeitern ausländischer Airlines in Österreich leicht auftreten können, steht unser Aviation Team gerne zur Verfügung.
Die pdf-Version unseres Artikels zur Beschäftigung von Mitarbeitern ausländischer Airlines in Österreich finden Sie hier.