Unerwartete Abwesenheit eines Besatzungsmitglieds
In seinem Urteil in den verbundenen Rechtssachen C-156/22 bis C-158/22 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass die unerwartete Abwesenheit eines Besatzungsmitglieds keinen außergewöhnlichen Umstand darstellt und daher ein ausführendes Luftfahrtunternehmen nicht von seiner Verpflichtung entbinden kann, Fluggästen im Falle von Annullierungen oder großen Verspätungen Ausgleichszahlungen zu leisten.
Im vorliegenden Fall geht es um einen Flug, den TAP am 17. Juli 2019 von Stuttgart (Deutschland) nach Lissabon (Portugal) hätte durchführen sollen, mit einem planmäßigen Abflug um 6.05 Uhr. Am Morgen dieses Tages, um 4.15 Uhr, wurde der Kopilot, der den Flug hätte durchführen sollen, tot in seinem Hotelbett aufgefunden. Unter dem Schock dieses Ereignisses erklärte sich die gesamte Besatzung für fluguntauglich. Da auch in Stuttgart (außerhalb der TAP-Basis) kein Ersatzpersonal zur Verfügung stand, wurde der Flug abgesagt. Die Fluggäste wurden mit einem Ersatzflug, der für 16.40 Uhr desselben Tages angesetzt war, nach Lissabon befördert.
Der EuGH entschied, dass die unerwartete Abwesenheit eines Besatzungsmitglieds, dessen Anwesenheit für die Durchführung eines Fluges unerlässlich ist, kurz vor dem planmäßigen Abflug dieses Fluges wegen Krankheit oder Tod nicht unter den Begriff der außergewöhnlichen Umstände fällt.
Dies steht im Einklang mit der früheren Rechtsprechung des EuGH, der erklärt hat, dass Maßnahmen, die das Personal des ausführenden Luftfahrtunternehmens betreffen, zur normalen Ausübung der Tätigkeit des Luftfahrtunternehmens gehören und daher nicht geeignet sind, einen außergewöhnlichen Umstand darzustellen, der ein Luftfahrtunternehmen von seiner Verpflichtung zur Zahlung von Ausgleichsleistungen an seine Fluggäste entbinden könnte.
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